Thorin schaut mich erst verwundert, dann zornig, dann hasserfüllt an. Er dreht sich weg, und läuft die restlich Treppen hinunter. Mist, Mist, Mist! „Thorin, bitte wartet! Es tut mir leid, ich wollte Euch nicht beleidigen! Ich habe nicht nachgedacht.Es tut mir wirklich schrecklich leid. Bitte, wartet doch! Hört mir zu, ich wollte nicht...“ Blitzartig dreht es sich um und hält mir Orkrist gegen die Kehle. „Ich will Eure Entschuldigungen nicht hören! Ihr habt das gesagt, was Ihr gedacht habt und jetzt weiß ich, wer ich in Euren Augen bin. Ich will von Euch nichts mehr hören! Geht weiter, und wehe Ihr sagt ein Piep, dann schneide ich Euch Eure Kehle durch!“ „Aber ich...“ „IHR SOLLT DEN MUND HALTEN!“ wütend stampft er davon und ich bleibe zurück. „Nimm es ihm nicht übel, Mädchen. Er hat seinen Stolz und seine Ehre, und das ihm von einem kleinen Mädchen die Wahrheit gesagt wird, gefällt ihm gar nicht.“ „Es war nicht die Wahrheit. Ich habe noch nie einen mutigeren Zwerg kennengelernt, und es tut mir von Herzen leid.“ „Mutig war er, ja. Aber genauso töricht. Sein Tod hätte das Ende der Reise bedeutet. Das er Rache will, kann ihm niemand übel nehmen, aber nicht so.“ „Ich dachte Ihr würdet auf seiner Seite stehen?“ „Das tue ich auch. Er ist mein König, somit habe ich ihm zu folgen, aber als sein Freund und Berater, muss ich ihm und seinen Taten kritisch gegenüber stehen. Komm wir gehen weiter, er wird sich schon beruhigen.“ Balin legt seine Hand aufmunternd auf meine Schulter.
Mir treten Tränen in die Augen. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht auf der Stelle anzufangen zu weinen. Thorin ruft hinter mir etwas her, was ich nicht genau verstehe, dies ist mir im Moment aber ziemlich egal. Ich renne in den Wald. Immer schneller und schneller, fliegen meine Beine über die Erde. Ich springe über Wurzeln und Unebenheiten und laufe immer schneller. Äste schlagen mir ins Gesicht und zerkratzen es. Immer schneller. Mein so wertvolles Kleid bleibt an einem Dornenbusch hängen, aber ich laufe einfach weiter, und ein gutes Stück reist ab. Hinter mir höre ich Gandalf und Thorin schreien, aber ich ignoriere sie und laufe immer noch schneller. Kurz passe ich nicht auf, und mein Fuß bleibt an einer Wurzel hängen. Ich kippe nach vorne, und, oh Wunder, vor mir ist ein ziemlicher Abhang, da ich mein Gleichgewicht wohl zu Hause gelassen habe, falle ich kopfüber den Abhang hinunter. Nach wenigen Sekunden ist der Spaß vorbei. Ich liege im Herbstlaub und kann einfach nicht mehr. Ich fange gleichzeitig an zu schreien und zu weinen, was eine der miesesten Ideen ist, denn ich verschlucke mich und huste, huste und huste. Anstatt mich zu beruhigen, fange ich noch mehr an zu weinen und dreh mich auf den Bauch. Ich bekomme langsam keine Luft mehr, und das gleichzeitige Husten und Weinen macht die Sache nicht viel besser. Auf einmal werde ich von hinten gepackt und hoch gezerrt. Ich will eigentlich protestieren, aber das einzige was ich rausbringen, ist eine komischen Gurgeln. „Wenn Ihr nicht sofort zur Vernunft kommt und anfangt zu atmen, schlage ich Euren Kopf ab und werfe ihn in das nächste Loch!“ Thorin hält mich immernoch fest, und ich bin im so dankbar dafür, ansonsten wäre ich einfach wieder hingefallen. „Ihr sollt atmen!“ Er schreit mich an, und mein kläglicher Versuch nach Luft zu schnappen endet damit, dass ich ihn von mir stoße und mich hinter einem Gebüsch übergeben muss. Ich sehe aus einem Augenwinkel, dass Thorin zu mir tritt und meine langen Haare festhält. Super, erst beleidige ich ihn, jetzt kotze ich ihn voll. Toller Tag!
Verdammter Bockmist! Wie kann man denn nur so blöd sein, und den Anführer, den KÖNIG dermaßen beleidigen? Ich setze mich auf einen Stein und schlage die Hände vors Gesicht. Einatmen, ausatmen. Ganz ruhig, es ist nichts schlimmes passiert... (Willst du mich für blöd verkaufen? Nichts passiert? Thorin sieht aus, als wollte er dir ein paar schmieren! Wie kannst du ihn denn nur so beleidigen?) Danke, für deine aufmunternden Worte! Ich weiß ja selbst nicht was da in mich gefahren ist... Ich schau zu Thorin und sehe sein wutverzerrtes Gesicht. Er kommt auf mich, mit langen und direkten Schritten, zu. Dwalin und Kili wollen ihn festhalten, er schüttelt sie einfach ab. „Könnt Ihr mir verraten, was das sollte?“ „Ich weiß auch nicht, es tut mir furchtbar leid. Aber ich bin so müde, und da hab ich nicht nachgedacht, was ich da gesagt habe. Bitte verzeiht mir, ich hab das wirklich nicht so gemeint...!“ „Wir sind alle müde, aber dies rechtfertigt nicht so ein Verhalten. Ihr wisst was mir dieser verfluchte Ork angetan hat, und Ihr versteht mein Hass auf Ihn nicht? Wenn Ihr keine Frau wärt, würde ich Euch für diese Worte schlagen, aber meine Ehre verbietet es mir...“ Ich unterbreche Ihn, was, genaugenommen, keine gute Idee war. „Es tut mir leid! Habt Ihr noch nie etwas gesagt, was Euch später leidgetan hat? Ich bitte Euch inständig um Verzeihung, aber wenn Ihr zu viel Ehre besitzt um meine Entschuldigung anzunehmen, dann lasst mich in Frieden...“ Diesmal bekomme ich wirklich eine Ohrfeige, aber nicht von Thorin. Nein, der schaut mich verwirrt an. „Es reicht jetzt! Geht weiter und haltet den Mund!“ Gandalf scheint sehr wütend zu sein. Ich schaue ihn verdattert an, stehe aber auf und laufe voraus. Gandalf hat einen ziemlich harten Schlag. „War das jetzt wirklich nötig?“, fragt Thorin. „Ja, war es!“
Was habe ich da eben gesagt? Ich schäme mich und bin gleichzeitig wütend. Wie kann man denn nur so dumm sein, Thorin akzeptiert mich endlich und ich habe seinen Respekt, und was mache ich? Ich muss wieder alles zerstören. Ich gehe an ihm vorbei und sehe die Enttäuschung in seinen Augen. Warum kann er mich denn nicht anschreien, dass wäre besser als dieser enttäuschte Blick. Ich habe Tränen in den Augen, obwohl ich normal nicht schnell weine. Durch den Tränenschleier vor meinen Augen sehe ich die letzten beiden, ja ich muss es wiedereinmal übertreiben, die letzte Stufe hätte auch gereicht, nicht und falle nach vorne. Ich lande unsanft auf meinen 4 Buchstaben und reiße mir, bei dem vergeblichen Versuch mich festzuhalten, die rechte Handfläche auf. Blut quillt heraus. „Komm ich helfe dir!“ Thorin streckt mir seine Hand entgegen, aber ich schlage sie weg. „Ich brauch deine Hilfe nicht!“ Ich bin furchtbar wütend, eher auf mich als auf ihn. Ich zerstöre immer alles, und jetzt da er mir wichtig geworden ist, tut es doppelt weh. „Ich weiß, dass du das nicht so gemeint hast. Und ich vergebe es dir.“ dieser Satz macht mich nur noch wütender, was denkt er denn wer er ist? Plötzlich tun mir meine harten Worte nicht mehr leid, sondern ich rede mir ein, dass sie gerechtfertigt waren. „Ich habe jedes einzelne Wort so gemeint, wie ich es gesagt habe. Außerdem habe ich nicht um Vergebung gebeten.“ „Ich verstehe dich nicht. DU hast einen Fehler gemacht, und ICH bin jetzt der Schuldige?“ Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen, ihn um Verzeihung zu bitten, aber ich habe mich so in Rage ge-was-auch-immert, dass ich anfange ihn anzuschreien. „Ich habe einen Fehler gemacht? Ich habe dir die verdammte Wahrheit gesagt, nur du hast zu viel Stolz um sie zu erkennen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe mit einem unreifen Zwergenkönig mitzuziehen. Wir werden den Erebor nie erreichen, weil DU ins in den Tod führen wirst!“ Ja, harte Worte. Aber Thorin lässt die nicht auf sich sitzen und kontert: „ Ich habe dich nicht darum gebeten mitzukommen, wenn du dich erinnerst. DU wolltest es und jetzt hast du dein Abenteuer. Falls du dich noch einmal zurückerinnern willst, habe ich dein Leben gerettet und so dankst du es mir? Du bist das undankbarste, starrsinnigste und dümmste Mädchen, was mir je begegnet ist!“ Bevor wir uns noch gegenseitig die Augen auskratzten, kommt Gandalf und wir werden beide so zusammengestaucht, dass keiner von uns es wagt ein Wort zu erwidern.
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