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Der kleine Lichtkegel tanzt über die Fassade des Hauses. Über Fenster und Balkontüren bis hin zu einem Schild mit der Aufschrift Juwelier. Ein leicht angetrunkener Passant torkelt auf der anderen Straßenseite durch das schummrige Licht der Laternen und umklammert seinen Hut wie ein Ertrinkender den Rettungsring.
Sofort verschwindet der Lichtkegel und eine in schwarz gekleidete Gestalt hält die Hand über den Kopf der etwa faustgrößen Taschenlampe. Auf dem Boden vor ihr liegen ausgebreitet Brecheisen aller Art.
Mit einer flinken Bewegung huscht die Gestalt mit einem der Brecheisen zur Tür. Der Türrahmen wölbt sich leicht als das Eisen die Tür aus den Angeln hebt. Wie ein Schatten schlüpft der Dieb in den Laden und dimmt seine Taschenlampe mit einem Taschentuch. Rechts und links von ihm stehen lauter Glasvitrinen. In jeder von ihr ein kostbares Stück oder gar eine ganze Kollektion.
Selbst im trüben Licht der Lampe funkelt und glitzert es in jeder Ecke. Er war ein Amateur. Das wusste er. Aber jetzt, im Angesicht all diesen Schmucks, stand ihm die nackte Gier in den Augen. Stieg im zu Kopf. Er würde Geld machen. Viel Geld.
Eine Verwandlung von arm zu reich. In einer Nacht. Vorsichtig öffnete er die Vitrinen und steckte den Schmuck in seinen Rucksack. Stück für Stück.
Noch ein paar Minuten. Dann würde er hier raus spazieren und den Unschuldigen mimen.
Und da, in diesem Augenblick, kam das blaue Licht. Flackerte an den Hauswänden und spiegelte sich in den dunklen Fensterscheiben. Eine Sirene heulte.
Gehetzt blickte er sich um. Entdeckte die Kamera. Nahm das alarmierende Piepsen des Türalarms wahr. Ein Auto kam vor dem Geschäft zum stehen. Leute stiegen aus. Die Gier auf seinem Gesicht verschwand und zurück blieb Angst. Das Klacken der Handschellen nahm er nicht mehr wahr. Das blaue Licht streifte sein Gesicht. Er war ein Amateur. Ein Anfänger.
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