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Die magischen Kinder von Funkelberg
Die Blumenwiese, die durch die unzĂ€hligen Akazien von der Sonne abgeschirmt wurde und den SchĂŒlern wĂ€hrend der Schulzeit als Pausenhof diente, fĂŒllte sich mehr und mehr mit SchĂŒlern. Auch Toshio und Flora trafen sich heute dort zum ersten Mal nach sechs Wochen, denn es waren Ferien gewesen. Sie fielen sich um den Hals.,, Wow Flora, du bist ja gröĂer als ich geworden!", grinste Toshio.,, Ja, du bist auch gewachsen, mein Freund!" Und so gingen die beiden ins SchulgebĂ€ude zur Schulversammlung des bevorstehenden Jahres. Flora war frĂŒher mit Toshio in eine Klasse gegangen. Die beiden waren sehr gute Freunde und verstanden sich prima, denn sie sahen beide ziemlich.... Einzigartig aus: Flora hatte tiefbraune, fast schwarze Haut, weiĂe Augen und anstatt Haaren wuchsen Porzellanblumen auf ihrem Kopf. Kaum zu glauben, aber es passt zu ihr! Nichts liebte sie mehr als die Natur und vor allem die Tiere. Flora konnte sogar mit ihnen sprechen! Sie war klug, optimistisch, manchmal etwas vertrĂ€umt und sehr einfallsreich. Die anderen liebten sie fĂŒr ihre aufgeschlossene Art. Ihrem besten Freund wuchsen auch keine normalen Haare auf dem Kopf. Er hatte dort Stacheln, die aussahen wie die eines Igels und einen betĂ€ubten, wenn man sich daran stach. So konnte sich gut verteidigen. Er war ein lieber hilfsbereiter Kerl und schwamm fĂŒr sein Leben gern.
Nun waren Flora und Toshio schon in der Schulaula angekommen. Alle SchĂŒler waren dort versammelt und da die Klassen heute neu gemischt wĂŒrden, waren alle unheimlich aufgeregt.,, Oh Toshio, ich hoffe wir beide kommen in die gleiche Klasse", flĂŒsterte Flora ihm zu. Dieser antwortete:,, Die Chance ist gar nicht so gering. Ich bin fest davon ĂŒberzeugt, dass wir in eine Klasse kommen." Nachdem der Schulleiter eine BegrĂŒĂungsrede gehalten und neue Lehrer vorgestellt hatte, las er die neue Klassenaufteilung und die zugehörigen Lehrernamen vor. Als er mit den 9. Klassen anfing, wurden Floras HĂ€nde ganz schwitzig.,, Die neue 9a, die von Herrn Almut gefĂŒhrt wird, werden Iolana, Toshio, Demir, Laiska, Esther, Miran, Shenzi, Flora und Hanka besuchen. Bitte findet euch jetzt im Raum F ein.ââ Der Schulleiter fuhr mit der 9b fort, doch die interessierte die Kinder der 9a ĂŒberhaupt nicht. Als sie an ihrem neuen Raum ankamen, strahlten Toshio und Flora immer noch, weil sie sich freuten, zusammen in eine Klasse gekommen zu sein. Der Raum war schon offen und ihr neuer Lehrer saĂ vor der Tafel am Lehrerpult. Floras Blick streifte die hölzernen Einzeltische, welche mit gleichmĂ€Ăigen AbstĂ€nden voneinander entfernt standen. An der hinteren Wand des Zimmers stand ein groĂer, dunkler Schrank. Sie wollte zu gern wissen, was sich hinter seinen TĂŒren verbarg, doch er war verschlossen. Das Fenster ermöglichte den weiten Blick auf die Blumenwiese und die Akazien. Ein kunstvoll verzierter Kronleuchter, der von der Decke herabhing, bildete den einzigen Kontrast in diesem altmodisch und dunkel eingerichteten Raum. Flora und Toshio warfen sich einen beeindruckten Blick zu. Sie setzten sich jeweils an einen Tisch etwas weiter vorn und beobachteten eine der neuen Klassenkameradin, als jene den Raum betrat. Sie war mittelgroĂ, hatte schulterlange, blonde Haare und trug eine dezente Brille. Sie hatte eine schwarze Hose und ein graues Oberteil an und sah nett aus.,,Ăh, hi⊠Ich bin Esther.ââ,, Toshio. Und das ist meine beste Freundin Floraââ, begrĂŒĂte Toshio Esther. Zu seiner Ăberraschung war an ihrem Aussehen nichts ungewöhnlich oder auffĂ€llig. Nicht etwa wie bei Flora und ihm.
Daraufhin warf er zum ersten Mal einen Blick auf Herrn Almut. Sein Name passte zu ihm. Er war schon nicht mehr der JĂŒngste, trug vornehme Kleidung und hatte ein paar graue Haare auf seinem Kopf. Herr Almuts Augen waren strahlend blau. Sie strahlten so stark, dass man nicht einmal in der Lage war, ihm in die Augen zu schauen.
Toshio blickte um sich. Die SchĂŒler waren schon alle im Raum und hatten sich einen Platz ausgesucht. Jetzt begann der Unterricht. âDamit wir uns besser kennen lernen, bitte ich euch darum, etwas von euch zu erzĂ€hlenâ, erklĂ€rte der Lehrer. âIch werde anfangen.â Er kratzte sich am Hinterkopf und fuhrt fort. âIch heiĂe Herr Almut und unterrichte Mathematik, Naturwissenschaften und Talententwicklung. Ich bin euer neuer Klassenlehrer fĂŒr die kommenden zwei Jahre. Wenn ihr Probleme oder Redebedarf habt, könnt ihr also immer gerne zu mir kommen.â Herr Almut lĂ€chelte freundlich. Er machte auf Toshio einen kompetenten Eindruck. âIch bin verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. In meiner Freizeit beschĂ€ftige ich mich gerne mit meinem Hund Yuna.â
Er wandte sich nun an einen Jungen, der schwarze Haare hatte und ganz vorne links von Herrn Almut saĂ. Seine Augen waren blaugrau, und er trug einen schlichten Anzug. âNun mein Kind, erzĂ€hle uns etwas von dir!â Der Junge lĂ€chelte nervös. âAlso ich bin Miran und Ă€h...Wohne im Norden von Funkelberg, mit meiner Mutter und meinem Bruder. Ja⊠Und ich lese gerne und fahre Einrad.â Herr Almut lĂ€chelte Miran an und fuhr fort. âDanke Miran. Was ist mit dir?â Er nickte einem MĂ€dchen zu, welches zu Mirans Linken saĂ. Sie grinste breit und sagte mit erschreckend lauter und tiefer Stimme: âIch bin Shenzi, spiele American Football und ich liebe Videospiele. Mein Lieblingsfach ist Talententwicklung, und meine magische Kraft ist, dass ich die Erinnerungen von anderen zu bestimmten Ereignissen verschwinden lassen kann.â Shenzi hatte blonde Haare und Flora fiel auf, dass sie ziemlich jungenhaft gekleidet war. Das MĂ€dchen trug einen Cargohose und einen labberigen Hoodie. Im Moment wusste Flora nicht, was sie davon halten sollte, und ihr war die FĂ€higkeit, Erinnerungen löschen zu können, unheimlich.
Als Flora mit ihren Ăberlegungen ĂŒber Shenzi fertig war und wieder aus ihrer Gedankenwelt ins Klassenzimmer zurĂŒckkehrte, war gerade der Junge neben Shenzi am Reden. Es schien, als hĂ€tte er gerade erst angefangen. âMein Name ist Demir, ich bin 15 Jahre alt und ich liebe Mathematik. Physik finde ich auch ganz interessant. Also, das Besondere an mir ist, dass ich Haut aus Stahl habe. Sie sieht zwar aus wie normale Haut, ist aber unverletzlich.â âWow, das muss ich mal testen!â Rief Shenzi, sprang auf und verpasste Demir einen Faustschlag in die Seite. âAuuu!â, schrie sie. âDas ist wirklich hart.â âShenzi, setze dich bitte. Deine erste Verwarnung. So etwas möchte ich nicht noch einmal sehen, ja?â, sagte Herr Almut ruhig aber bestimmt. Shenzi antwortete nicht.
Toshio war noch immer erstaunt von Demir. Er trug lange, braune Haare und hatte schwarze Augen. Er hatte eine Latzhose an. âCooler Typâ, ging es Toshio durch den Kopf.
Dann war er an der Reihe. Er erzĂ€hlte ein bisschen von seiner Familie, dass er mit Flora befreundet sei und ĂŒber sein Hobby: Das Schwimmen. AnschlieĂend, als Flora dran war, erzĂ€hlte sie von ihrer tiefen Verbundenheit zur Natur und dass sie mit Tieren sprechen konnte. Sie blickte zu dem MĂ€dchen rechts neben sich, welches nun reden sollte. Sie trug hochwertige, schicke Klamotten, hatte schwarze Haare und dunkle Haut. Sie fing an, zu erzĂ€hlen.,, Mein Name ist Laiska. Ich wohne in der lila glitzernden Villa in der NobelstraĂe. Meine Mutter ist die Vorsitzende des Stadtrats. Ich stöbere gerne in Modezeitschriften und gehe mega gerne shoppen.ââ Laiskas trĂ€llernde Stimme ging Flora mĂ€chtig auf die Nerven. Sie war froh, dass Laiskas Angebereigerede nun erst einmal vorbei war. Herr Almut fragte Esther, die den Platz hinter Laika hatte:,, Und was ist mit dir?ââ,, Ich bin Esther und ich habe eine Katze. Meine magische Kraft ist es, dass mein Körper im Dunkeln leuchtet. Ich verbringe viel Zeit mit meiner Katze und gebe auch noch Nachhilfe fĂŒr Kinder aus den siebten Klassenââ, antwortete sie. Herr Almut nickte und schaute zu dem MĂ€dchen, welches auf dem Platz daneben saĂ. Sie erzĂ€hlte: âAlso meine Name ist Iolana, ich liebe Sport und kann dank meiner FĂ€higkeit zu schweben auf bis zu 100 km/h beschleunigen.â Floras Blick fiel auf Iolanas Unterkörper. Er sah ziemlich auĂergewöhnlich aus, denn Iolana hatte keine Beine. Stattdessen war etwas Durchsichtiges, aber durch ein blĂ€uliches Licht Erkennbares, zu sehen. Es erinnerte Flora an ein Polarlicht. AnschlieĂend war Hanka, ein MĂ€dchen mit kurzem, blonden Haar und weiĂen Augen an der Reihe. âIch bin Hanka und zeichchne gerne...", lĂ€chelte Hanka schĂŒchtern. Sie sah in Toshios Augen ziemlich nett aus, weshalb er das MĂ€dchen anlĂ€chelte. Schnell drehte er sich wieder nach vorne zu Herrn Almut, der mit dem Unterricht fortfahren wollte.
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In der Mittagspause aĂen Flora und Toshio gerade an einem Tisch am Fenster, als Demir zu ihnen kam. âHi, kann ich mich zu euch setzen?â, fragte er. âJa klar! Wieso nicht?â, antwortete Toshio. Die drei lernen einander etwas besser kennen und hatten viel SpaĂ bei ihrem GesprĂ€ch ĂŒber⊠na ja, eigentlich alles. Flora und Toshio erfuhren, dass Demir eine kleine Schwester hatte und FuĂball spielte. Er wohnte ganz in der NĂ€he von Toshio.
Nachdem die Kinder zu Ende gegessen hatten, war es schon fast 13 Uhr. Der Unterricht bei ihrer Griechischlehrerin begann bald.
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Als Toshio, Flora und Demir ins Klassenzimmer geeilt kamen, waren schon alle da. Die Lehrerin begrĂŒĂte die Klasse. âHallo liebe Kinder. Ich bin Dillie White, fĂŒr euch Frau White, und unterrichte euch Griechisch, Sport und Sozialkunde. Ich mag es nicht, wenn SchĂŒler zu spĂ€t sind.â Sie blickte zu Demir, Toshio und Flora und startete den Unterricht. âDa dies eure erste Griechischstunde ist, möchte ich, dass ihr eine Mindmap zum Thema âDie griechische Spracheâ macht. Ihr könnt alles aufnehmen, was euch einfĂ€llt. Die Aufgabe bearbeitet ihr in Einzel- und Stillarbeit. Fragen?â Frau White blickte kĂŒhl in die Klasse. âNein? Dann viel Erfolg.â Damit setzte sie sich an ihren Lehrerpult und schlug ein Buch auf. Flora fing an, die Aufgabe zu bearbeiten. Ihr fiel ein, dass es unterschiedliche Arten von Griechisch gab. Das hatte sie mal in einer Zeitschrift ĂŒber Sprachen gelesen. Urgriechisch, Altgriechisch, Neugriechisch, SpĂ€tantikes Griechisch. AuĂerdem wusste Flora, dass Aristotelesâ, sowie Platons Schriften und das Neue Testament auf Griechisch verfasst waren. Sie dachte nach, doch mehr fiel ihr im Moment nicht ein. Nun schaute Flora zu Frau White, welche am Lesen war. Jetzt fiel ihr zum ersten mal auf, dass sie ziemlich viel Schwarzes an sich hatte⊠Zuerst hatte Flora die schwarzen, geflochtenen Haare der groĂen Frau bemerkt. Zudem trug Dillie White ein komplett schwarzes Kleid. Flora kam der Gedanke, dass Frau Black viel besser zu ihr passen wĂŒrde.
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Die erste Woche nach den Ferien war ruhig verlaufen. Die neuen Kinder der 9a hatten sich schon miteinander angefreundet und Demir, Toshio, Flora und Iolana machten viel miteinander. Da Iolana und Flora fast den selben Schulweg hatten, gingen sie immer zusammen, was bei Demir und Toshio genauso war. Auch Demir und Shenzi verstanden sich gut. Die Anderen hatten sich noch mit niemandem angefreundet, doch man kam miteinander aus.
Es war Montag und die neue Woche startete. Toshio ging gerade aus seinem von Feldern umgebenen Haus in die Richtung der kleinen StraĂe von Funkelberg, die zur Schule fĂŒhrte. An ihrem Treffpunkt, einer groĂen Platane, wartete Demir schon. Die beiden Jungs begrĂŒĂten sich mit einer Umarmung, wobei Demir aufpassen musste, nicht zu hart gegen Toshio zu stoĂen, um ihm nicht wehzutun. Auf ihrem Weg unterhielten sie sich ĂŒbers Wochenende. Toshio berichtete von einem Schwimmwettbewerb, an dem er teilgenommen und den zweiten Platz errungen hatte.,, Cool, Bro!ââ, meinte Demir.,, Ich habe Wurzelrechnung im Kopf trainiert.ââ Toshio schmunzelte.
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In der ersten Schulstunde kam Herr Almut in den Raum und verkĂŒndete aufregende Neuigkeiten.,, Kinder, in zwei Wochen werden wir eine viertĂ€gige Klassenfahrt ans Meer machen. Holt bitte eure Hefte hervor.ââ Folgsam legten alle Kinder mit ihre Hefte auf den Tisch und zĂŒckten die Schreibfedern. Man konnte ihnen die Verwunderung und die Vorfreude von den Gesichtern ablesen. Herr Almut diktierte ihnen die Packliste und alle wichtigen Informationen fĂŒr die Eltern. Danach erklĂ€rte er den Kindern, dass sie sich in Naturwissenschaften nun mit der Zellteilung beschĂ€ftigen wĂŒrden. Floras Augen leuchteten förmlich, als sie das zu Ohren bekam.
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Als die Kinder sich nach Schulschluss auf den Heimweg machten, unterhielten sich Flora und Iolana ĂŒber die Klassenfahrt.,, Was meinst du, wie werden sie die Zimmeraufteilung machen?ââ, ĂŒberlegte Iolana.,, Warscheinlich ein oder zwei Zimmer fĂŒr die MĂ€dchen und ein Zimmer fĂŒr die Jungsââ, antwortete Flora nachdenklich.,, Wovon trĂ€umst du?ââ, fragte Iolana sie. Flora schaute auf.,, Hast du Lust, dich mal mit mir zu treffen?ââ Iolana lĂ€chelte und sagte:,, Ja klar! Wenn du willst, kannst du Donnerstag zu mir kommen.ââ,, Gerne. Ich frag mal Mama und Papa.ââ Floras Klassenkameradin hob den Daumen. Sie bog rechts in ihre StraĂe ein und rief:,, Bis morgen, Flora!ââ Danach schwebte sie, schnell wie der Wind, davon.
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Am nĂ€chsten Donnerstag ging Flora nach der Schule direkt mit zu Iolana. Die letzten Tage waren wie im Flug vergangen. Inzwischen konnten die SchĂŒler schon das Griechische Alphabet und waren in der Lage, sich auf Griechisch vorzustellen.,, Was wollen wir gleich machen?ââ, fragte Flora.,, Ich habe eine Katzeââ, antwortete Iolana.,, Wenn du möchtest, können wir mit ihr spielen.ââ Flora ĂŒberlegte, ob sie es ihr verraten sollteâŠ,, Ich kann mit Tieren sprechenââ, piepste Flora, nachdem sie sich entschlossen hatte, Iolana von ihrer magischen Kraft zu erzĂ€hlen. Iolana hielt inne.,, Was?ââ, hauchte sie.,, Ich kann mit Tieren sprechen.ââ Iolanas Augen leuchteten.,, Oh wie toll. Dann kannst du ja ein bisschen mit Friede, meiner Katze, sprechen. Du kannst mir ja alles ĂŒbersetzen!ââ, sagte Iolana erfreut.,, Japââ, lachte Flora.
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Die beiden MĂ€dchen wurden von Iolanas Mutter begrĂŒĂt, als sie die TĂŒrschwelle betraten. âHallo ihr beiden!ââ Sie lĂ€chelte den Besuch ihrer Tochter an.,, Iolana hat schon von dir erzĂ€hlt. Schön, dass du da bist. Ich habe euch einen leckeren Kuchen gebacken. Habt ihr Lust, ihn zu essen?ââ,, Da sagen wir nicht nein, oder?ââ, wandte sich Iolana an Flora. Sie nickte eifrig.
Beim Kuchenessen mit Iolanas Mutter merkte Flora, dass Iolana gar nicht so zurĂŒckhaltend war, wie sie anfangs gedacht hatte. Zumindest zu Hause nicht. âEs schmeckt köstlich, Mama!â, schmatzte Iolana. âJa wirklich!â, bestĂ€tigte Flora. Die Mutter antwortete: âDas freut mich.â Nachdem die beiden MĂ€dchen noch einen heiĂen Kakao getrunken hatten, gingen sie fröhlich in Iolanas Zimmer. Es war wunderschön und kreativ eingerichtet. Der Teppichboden war weich und azurblau, links von der TĂŒr, in deren Rahmen Flora gerade stand, befand sich ein mit Schnitzereien verzierter groĂer Schrank. An der Fensterwand stand Iolanas Schreibtisch, welcher sehr aufgerĂ€umt war. Er passte zu dem Schrank. Hinter dem Schreibtisch stand der Traum eines jeden MĂ€dchens: ein groĂes Hochbett. Oben war das Bett, mit der auf die Gardinen abgestimmten BettwĂ€sche. Unten waren Spiele, ein CD-Player und ein Sitzsack. AuĂerdem hing ein Vorhang vom Bett hinab, mit dem man die untere Etage zu einer Art separatem Raum verwandeln konnte. Rechts von der TĂŒr stand eine dem Kommode aus massivem, dunklen Holz. Die darauf abgestellten Pokale und an der Wand dahinter hĂ€ngenden Medaillen stachen Flora ins Augen. âWow!â, sagte sie staunend. âDu hast ein wunderschönes Zimmer.â âDankeâ, erwiderte Iolana. Ihre Wangen röteten sich ein wenig. âWas wollen wir denn jetzt machen?â Iolana schlug vor: âIch habe letztens ein Kartenspiel bekommen. Es macht echt SpaĂ, und wenn Du willst, können wir das mal spielen.â
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Gerade als Flora und ihre Klassenkameradin fertig waren und ein anderes Spiel ausprobieren wollten, kam Iolanas Katze Fride ins Zimmer getapst. âHallo Frideâ, begrĂŒĂte Iolana ihr Haustier. Das Fell der Katze war pechschwarz, glĂ€nzend und ihre Augen grĂŒn. Sie schmiegte sich an Iolana und hĂŒpfte dann auf ihren SchoĂ. Zusammengerollt schloss sie die Augen. âFrag sie mal, ob sie Hunger hatâ, sagte Iolana zu ihrem Besuch. âNa Fride, hast du Hunger?â Fride gab ein leises Maunzen von sich. âVersteheâ, antwortete Flora ihr. âFride hat sich eben eine groĂe Maus gefangen. Also nein.â Das MĂ€dchen streichelte ihre Katze und Fride fing wieder an zu miauen. Iolana schaute gespannt zu Flora, welche verstĂ€ndnisvoll nickte. âDas ist meine magische Kraft. Sie kommt, weil ich die Natur liebe und euch Tiere!â, sprach Flora zu der schwarzen Katze. Nun gab jene ein paar weitere Katzenlaute von sich, die diesmal etwas lauter waren. WĂ€hrend sie etwas zu erzĂ€hlen schien, weiteten sich Floras Augen. âKrass!â, murmelte sie. âWas ist?â, fragte ihre Klassenkameradin neugierig. âNa ja, deine Katze hat auch eine magische Kraftâ, begann Flora. Iolana fiel scheinbar auf einmal in eine Art Schockstarre. Sie starrte Flora fassungslos an. âFride hat mir erzĂ€hlt, dass sie die Gestalten aller Tiere annehmen kann, aber das tut sie nicht oft. Sie ist dabei immer schwarz.â Iolana war nun aus ihrer Schockstarre erwacht und hauchte Flora ehrfĂŒrchtig zu: âWelche Gestalten hat sie denn schon angenommen?â Flora stellte dieselbe Frage an die schwarze Katze. Nach kurzer Zeit wandte sie sich wieder an Iolana. âDie des Adlers, eines Hamsters und einer Katze.â Fride schmiegte sich erneut an Iolana und miaute ein paar mal. Dann sagte Flora zu ihrer Gastgeberin: âIch soll dir sagen, dass Fride dich sehr mag. So schnell wolle sie nicht von dir weg, sagt sie.â
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Am nĂ€chsten morgen besprach die 9a ein paar wichtige Sachen bezĂŒglich der Klassenfahrt. Als Herr Almut in die Klasse kam, begrĂŒĂte er zunĂ€chst seine SchĂŒler. Danach erzĂ€hlte er ihnen, wo und wann sie sich am ĂŒbernĂ€chsten Freitag, dem Tag des Aufbruchs treffen wĂŒrden. Daraufhin schrieb er die Zimmeraufteilung an die Tafel.
Zimmer 1: Toshio, Demir, Miran
Zimmer 2: Iolana, Ether, Shenzi
Zimmer 3: Laiska, Flora, Hanka
Flora warf Iolana einen sehnsĂŒchtigen Blick zu. Dabei hatte sie doch so gerne mit ihr auf einem Zimmer geschlafen! ,, Wir können ja tagsĂŒber die ganze Zeit zusammen verbringenââ, ermunterte Flora sich selbst in Gedanken. Jetzt redete Herr Almut weiter.,, Trigonometrie. Holt bitte einen Zettel heraus. Wir schreiben einen kleinen Test.ââ
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Am Wochenende besuchte Flora zusammen mit ihrem Vater einen Vortrag zum Thema,, Pflanzenzuchtââ im Gemeindehaus von Funkelberg, denn sie und ihr Vater teilten ihre Faszination von der Natur. Auf der Messe ging es darum, wie man das Aussehen der Pflanzen und deren BlĂŒtenfarbe optimal steuern konnte. So etwas hatte Flora schon immer hochinteressant gefunden.
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In der nĂ€chsten Woche stieg die Aufregung der SchĂŒler wegen der Klassenfahrt von Tag zu Tag an. Im Unterricht konnte sich niemand, auĂer vielleicht Miran konzentrieren. Das fiel auch den Lehrern auf. Sie waren sichtlich unglĂŒcklich darĂŒber, dass ihre SchĂŒler nicht bei der Sache waren. Am Donnerstag in Frau Whites Sportunterricht war es ganz schlimm. Die Kinder sollten in Dreigruppen einen Staffellauf veranstalten. Dabei funktionierte nichts so richtig. Ein paarmal rannte jemand ohne die Ăbergabe des Stabs los, danach lief Shenzi falsch herum um die Tartanbahn. Als Frau White gerade anfangen wollte zu schimpfen, rief Shenzi: âSo Leute, jetzt passt mal auf!â Ihre MitschĂŒler fragten sich, was sie vorhatte. âIch lasse jetzt Frau Whites Erinnerungen dazu, dass ich falsch herum gelaufen bin, verschwinden!â Shenzi richtete sich auf, spannte ihre HĂ€nde an, bewegte ihre Finger ganz komisch in der Luft, sodass es aussah, als wĂŒhlte sie in Frau Whites Gehirn herum. Nur dass da kein Gehirn war, sondern Luft⊠Das dachte sich zumindest Toshio bei diesem Anblick. Shenzi spannte ihre Finger noch stĂ€rker an und machte ein angestrengtes Gesicht. Frau White fasste sich an den Kopf. âAu!â, rief sie. Dann fuhr sie mit den Anweisungen fort, die sie vor dem Schimpfen hatte geben wollen. Die anderen SchĂŒler machten ganz erstaunte Gesichter. Shenzi grinste stolz und schon die Brust raus. Flora verdrehte die Augen.
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Am nĂ€chsten Montag trafen sich alle SchĂŒler zum Losfahren vor dem SchulgebĂ€ude. Sie waren total mĂŒde, denn es war erst 5:30 Uhr morgens. Zu frĂŒh, um aufzustehen, fand Toshio. Vor der Schule parkte schon ein kleiner, weiĂer Omnibus, in dem die NeuntklĂ€ssler reisen wĂŒrden.,, Sucht euch nun bitte alle einen Sitzplatz und schnallt euch an. Doch vorher könnt ihr euer GepĂ€ck im GepĂ€ckraum verstauen!ââ, rief der alte Fahrer und deutete in die Richtung des geöffneten Kofferraums. Toshio hielt Flora einen Platz im Bus frei, weil jene etwas spĂ€t dran war.,, Danke, Toshioââ, lĂ€chelte sie, wĂ€hrend sie Platz nahm. Herr Almut kontrollierte, ob alle da waren und sich ordnungsgemÀà angeschnallt hatten, bevor er sich nach vorne in den Bus stellte und den SchĂŒlern den Tagesplan vorstellte.,, Unsere Fahrt wird ca. 3,5 Stunden dauern. Wir machen zwei Stopps, wĂ€hrend welchen ihr euch drauĂen etwas bewegen könnt. BeschĂ€ftigt euch wĂ€hrend der Fahrt gerne mit eurem Sitznachbarn, aber ich bitte um eine ruhige AtmosphĂ€re. Wir wollen ja nicht, dass mir jetzt schon die Ohren abfallen!ââ Und dann ging die Fahrt los. Hinter Toshio und Flora saĂen Demir und Miran und auf der anderen Seite des Gangs Iolana und Laiska. Flora bemitleidete Iolana etwas und war froh, neben Toshio sitzen zu können. Sie und Toshio lasen beide ein Buch. WĂ€hrenddessen hörte Flora mit einem Ohr, wie Iolana Laiska eine sehr interessante Frage stellte.,, Was ist eigentlich deine magische Kraft?ââ, fragte sie vorsichtig. Laiska schaute das rothaarige MĂ€dchen abschĂ€tzig an und schnipste einmal. In diesem Moment blitzte etwas an Iolanas Körper auf. Als das Leuchten langsam verschwand, sah Flora Iolana dort nicht mehr sitzen. Flora fiel ihr Buch aus der Hand.,, Was hast du getan?ââ, fuhr sie Laiska wĂŒtend an.,, Chill...ââ, murmelte diese und schnippte erneut mit dem Finger. Wieder leuchtete es grell und und anschlieĂend saĂ Iolana, als wĂ€re nicht passiert, auf ihrem Platz. Herr Almut hatte das ganze Geschehen aus einiger Entfernung beobachtet. Aufgebracht kam er zu Iolana und sprach zu ihr:,, Alles gut mit dir, Iolana?ââ,, Ja, ich denke schonââ, sagte sie lautlos. Herr Almut wandte sich nun an Laiska.,, Und du, Laiska, wirst jetzt abgeholt und darfst dann zu Hause ĂŒber dein Verhalten nachdenken. Die eigene magische Kraft sollte man niemals fĂŒr etwas Schlechtes benutzen!ââ,, Aber nein, so war es nicht!ââ, empörte sich Laiska.,, Du kommst mit mir!ââ, sagte Herr Almut bestimmt, wĂ€hrend er seine Hand auf Laiskas Kopf legte. Sie verwandelte sich schlagartig in ein liebes, folgsames Kind.,, Okay.ââ Der Lehrer bat den Busfahrer anzuhalten und ging mit Laiska raus. Dort telefonierte er mit jemandem und 20 Minuten spĂ€ter kam ein Auto, in welches Laiska einstieg. Innerlich jubelte Flora! Endlich war diese nervige Göre weg! Noch bevor Flora reagieren konnte, kam Shenzi, die vorher alleine in der letzten Reihe gesessen hatte und setzte sich neben Iolana.,, So, da hier ja jetzt frei ist, kann ich mich doch hier hin setzenââ, flötete sie.
Nach kurzer Zeit kam auch Herr Almut wieder in den Bus.,, Kinder, ich hoffe ihr versteht, wie man seine magische Kraft einsetzen sollte. Meine ist es, die Emotionen zu beeinflussen und ich habe sie eingesetzt, um ein weiteres Drama zu verhindernââ, sagte er zu seinen SchĂŒlern.,, Denn man sollte sie nie fĂŒr Schlechtes gebrauchen. DafĂŒr sind die KrĂ€fte nicht da.ââ
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Toshio wachte auf, als Flora ihm auf die Schulter tippte, denn er hatte ein Nickerchen gemacht. Jetzt kam auch der Bus zum Stehen und sein Blick streifte ein altes Bauernhaus, vor dem unzĂ€hlige, bunte Blumen gepflanzt waren. Neben dem Haus befand sich eine groĂe Wiese, auf der eine Tischtennisplatte und eine Schaukel platziert waren. In der Ferne konnte Flora etwas Blaues sehen. Sie vermutete das Meer. Dann stiegen alle aus dem Bus aus und nahmen ihr GepĂ€ck aus dem Laderaum des weiĂen Omnibusses. Herr Almut erklĂ€rte, dass die SchĂŒler nun die ZimmerschlĂŒssel bekĂ€men und sich einrichten sollten. Danach wĂŒrden sie sich zum Mittagessen treffen und anschlieĂend im Meer baden gehen.
Wenig spĂ€ter betraten sie die Eingangshalle, in der der Boden aus weiĂem Marmor gemacht war. Es war alles sehr sauber. Nach oben fĂŒhrte eine steinerne Treppe in den Zimmerflur. Alle Zimmer sahen gleich aus: Ein Hochbett, ein Einzelbett, ein Kleiderschrank, ein gelber Tisch mit drei gelben StĂŒhlen und ein Foto von einer BlĂŒte an der Wand. AuĂerdem hatte jedes der Dreierzimmer ein kleines Badezimmer mit Dusche, Waschbecken und Toilette.
Zuerst packten alle Kinder ihre Kleidungen in den Kleiderschrank und schoben ihre Koffer unter das Einzelbett. Als nÀchstes machten sie sich auf nach unten in den Speisesaal. Hier war eigentlich alles riesig: Der Speisesaal, das Buffet und auch die Tische.
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WĂ€hrend die 9a sich auf den Weg zum Strand machte, schwĂ€rmten noch alle von dem vorzĂŒglichen Essen. Am Strand angekommen, spielten sie gemeinsam Beachvolleyball und veranstalteten ein Wettschwimmen, bei welchem natĂŒrlich Toshio gewann.
MĂŒde fielen sie gegen 9 Uhr am Abend in ihre Betten. Da Laiska abgeholt worden war, teilte sich Flora nun alleine ein Zimmer mit Hanka. Weil jene sehr introvertiert war, eignete sich ihr Zimmer nun perfekt als RĂŒckzugsort. Es herrschte eine angenehme Stille. âWieso redet Hanka so wenig?â, fragte sich Flora wĂ€hrend sie einschlief.
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Am nĂ€chsten Tag nach dem FrĂŒhstĂŒck sollte sich die Klasse in Zweiergruppen zusammentun und eine kleine Dorfrallye machen. Flora tat sich mit Iolana zusammen, Hanka machte sich zusammen mit Shenzi auf den Weg, Demir fragte Esther, ob sie mit ihm eine Gruppe bilden, und Toshio und Miran machten zusammen. WĂ€hrend der Rallye stellte Toshio fest, dass Miran ganz okay war. Er verstand Toshio ohne Worte und am Ende hatten die beiden Jungs ziemlich viel SpaĂ. Auch die anderen drei Gruppen kamen gut voran und hatten viel SpaĂ.
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Am Nachmittag spielte die Klasse zusammen FuĂball, danach ein Kartenspiel und als es dunkel wurde, machten alle gemeinsam eine Nachtwanderung durch den kleinen Wald am Rande des GelĂ€ndes. Es war sehr ruhig, und die Klasse marschierte hintereinander den Trampelpfad entlang. Vorneweg Herr Almut und dahinter Demir mit Esther. Toshio war erstaunt, wie hell sie leuchtete. Sie spendete genug Helligkeit, um zu erkennen, wo man langging und um zu sehen, wie die BĂ€ume im Wind schwankten.
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Mittwochmorgen wachte Flora sehr frĂŒh auf es war kurz vor sieben, als sie sich ins Bad schlich. Gestern Abend, bei ihrer Nachtwanderung, hatte die 9a noch eine Eule und einen Fuchs gesehen und war auch erst kurz vor Mitternacht zurĂŒckgekommen. Flora vermutete, dass die Anderen noch alle schliefen, doch als sie die TĂŒr öffnete, herrschte auf dem Flur reges Treiben. Sogar Herr Almut war dort!,, Guten Morgen. Was ist denn los?ââ, fragte Flora verwundert. Herr Almut ging nicht auf ihre Frage ein. Er fragte stattdessen besorgt:,, Hast du Toshio gesehen?ââ,,Ăh, nein! Ist er nicht auf seinem Zimmer?ââ Flora zog die Stirn kraus. Was war denn hier los? Alle auĂer sie hatten noch ihren Pyjama an und Fora fand es sehr merkwĂŒrdig sie so zu Gesicht zu bekommen, vor Allem Herrn Almut.,, Oh nein, er ist weg!ââ Hysterisch schaute Hanka zum Lehrer.,, Okay, wir mĂŒssen jetzt bedacht handeln. Hat jemand eine Idee, wo er sein könnte?ââ Herr Almut schaute in die Runde. Auch er hatte einen unsicheren Unterton in seiner Stimme. Flora meldete sich zu Wort.,, Naja, eigentlich bricht Toshio nicht wirklich oft die Regeln. Er muss einen Grund gehabt haben.ââ,, HmâŠââ, ĂŒberlegte Herr Almut.,, Wir teilen uns auf. Flora und Miran, ihr sucht am Strand. Shenzi und ich suchen im Wald, Esther, du suchst das ganze GelĂ€nde ab. Demir und Iolana, ihr schaut im Dorf nach, ob ihr Toshio dort finden könnt. Ihr alle dĂŒrft eure magische Kraft benutzen, wenn sie euch hilft. Aber wie gesagt, nutzt sie nur fĂŒrâs Gute⊠Und bevor ihr losgeht zieht ihr euch ganz schnell etwas ĂŒber!ââ Flora ging mit Miran zusammen seine Jacke holen. Er schlĂŒpfte hinein und anschlieĂend machten sie sich auf den Weg zum Strand. Flora und der dunkelhaarige Junge rannten so schnell sie konnten. Als sie endlich ankamen brach Flora das Schweigen, indem sie schwer atmend sagte:,, Keiner weit und breit auĂerâŠein paar⊠Möwen⊠Ich⊠werde sie mal⊠fragen.ââ Miran blieb stehen und schaute Flora staunend nach. ,, Was glotzt der denn so?ââ, dachte Flora sich. Sie fragte die Möwen, doch sie hatten Toshio nicht gesehen. BetrĂŒbt kehrte Flora zu ihrem Klassenkameraden zurĂŒck. Langsam machte sie sich Sorgen um ihren Freund, denn weglaufen war gar nicht seine Art. Miran sah, dass es Flora schlecht ging. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und zum ersten Mal, seit sie unterwegs waren, sagte er etwas.,, Mach dir keine Sorgen, Flora. Ich werde alles mir Mögliche tun, um Toshio zu finden!ââ Entschlossen ging er schnellen Schrittes voran.
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Bald stand die Sonne ganz oben am Himmel und Flora hatte das GefĂŒhl, sie waren schon unendlich lange unterwegs. Die beiden Teenager waren die ganze Zeit am Strand entlanggegangen und hatten keine einzige Pause gemacht.,, Ich kann nicht mehrââ, murmelte Flora erschöpft. Sie wĂ€re gerne noch weiter gelaufen, denn sie wollte Toshio finden, aber ihr Körper streikte. Miran breitete seine Jacke im Sand aus und setzte sich zusammen mit Flora darauf. Miran schaute zu dem MĂ€dchen und sprach:,, Ich weiĂ, du wĂŒrdest alles dafĂŒr tun, um Toshio zu finden, aber wir sollten zurĂŒckkehren. So weit wird er nicht gekommen sein.ââ Nach ein paar Minuten der Erholung machten sie sich also auf den RĂŒckweg.
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Es war schon spĂ€t und die Flut war wieder gekommen, als Flora etwas Dunkles auf der WasseroberflĂ€che sah. In diesem Moment sagte Miran:,, Ich sehe es auch! Meinst du er ist es?#ââ,, Hab ich was gesagt?ââ, wunderte sich Flora. Doch weil Toshio ihr wichtiger war als diese Frage, sprang sie voller Hoffnung in das kalte Wasser und schwamm in die Richtung, in der sie etwas gesehen hatte. Die Dauer jedes Schwimmzugs kam ihr vor wie eine halbe Ewigkeit. Ab und zu schaute sie auf, um sicher zu gehen, dass sie auch in die richtige Richtung schwamm. Nachdem sie etwa 70 Meter geschwommen war, kam sie dem vermeintlichen Toshio immer nĂ€her... Und tatsĂ€chlich: Leblos lag da sein Körper auf der WasseroberflĂ€che. Flora erschrak. ,, Ruhig bleiben!ââ, ermahnte sie sich selbst. Das MĂ€dchen legte Toshios Kopf auf ihre rechte Schulter, legte den Arm um seinen Oberkörper und hielt Toshios Kopf mit der Hand fest. Dabei musste sie aufpassen, sich nicht an seinen Stacheln zu stechen. Durch die Strömung und die Kraft ihrer Beine schaffte sie es, sich und ihn an Land zu bringen. Dort angekommen blickte Flora um sich, doch Miran war nicht zu sehen. ,, Egal, vielleicht holt er Hilfe. Ich muss mich um Toshio kĂŒmmernââ, dachte Flora. Sie konnte keine Atmung erkennen. Sofort begann sie mit der Herzdruckmassage. Das hatte sie im Erste- Hilfe- Kurs gelernt. Innerhalb kurzer Zeit kamen Miran, Herr Almut und zwei RettungssanitĂ€ter mit einer Trage herbeigeeilt. Die SanitĂ€ter versorgten Toshio und setzten die Wiederbelebung fort, wĂ€hrend Herr Almut sich um das durchnĂ€sste MĂ€dchen kĂŒmmerte.
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Etwa eine Stunde spĂ€ter, als Flora zusammen mit Herrn Almut an Toshios Krankenbett saĂ, kam Toshio langsam wieder zu sich. Er war an unzĂ€hlige GerĂ€te angeschlossen und hatte eine Sauerstoffmaske auf. Als Flora bemerkte, dass er seine Augen öffnete, ging sie schnell zu ihm. Vorsichtig setzte sie sich auf die Bettkante und hauchte mit FreudentrĂ€nen in den Augen:,, Toshio! Bin ich froh, dass du wieder bei Bewusstsein bist!ââ Der Junge blickte um sich.,, Was ist passiert?ââ, erwiderte er kaum hörbar. Offenbar konnte er sich an nichts mehr erinnern. Seine beste Freundin erzĂ€hlte ihm, dass er morgens nicht aufzufinden gewesen war, dass sie zusammen mit Miran am Strand nach ihm gesucht, ihn dann gefunden und schlieĂlich aus dem Wasser geholt hatte.,, Danke Floraââ, sagte Toshio dankbar.,, Du bist die beste Beste Freundin, die man haben kann.ââ
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Das Ziel liegt immer am Ende des Weges
,, Teddy!ââ, rief Shito. Der kleine Shetty- Mix- Wallach kam angetrabt und stupste Shitos Hand auffordernd an. Shito kraulte Teddy ausgiebig an seiner Lieblingsstelle und gab ihm dann einen Schmatzer auf die NĂŒstern.
Teddy war Shitos Pflegepony, welches er ĂŒber alles liebte. Auch Teddy mochte seine Anwesenheit, denn der Junge war der Einzige, der sich wirklich um sein Wohlbefinden kĂŒmmerte. Das Problem war, dass Shito einen weiten Weg zu Teddy zurĂŒcklegen musste, seit seine Besitzerin ihn in einem anderen Stall untergebracht hatte. Jetzt konnte Shito nur am Wochenende kommen und seine Mutter musste ihn begleiten. Es kostete die beiden immer den halben Tag, doch war das Pony es ihnen wert. Es hatte braun- weiĂ geschecktes Fell, dunkle NĂŒstern und eine Flocke auf der Stirn. Sein brauner, nicht zu bĂ€ndigender Schopf hatte eine lockige Struktur, wobei seine glatte, dicke MĂ€hne zu einer HĂ€lfte weiĂ, zur anderen HĂ€lfte schwarz war. Ab dem Sprunggelenk hatte Teddy weiĂe Beinchen. Teddy hatte SpaĂ an der Arbeit mit Shito und war stets motiviert, jedoch wusste das kleine Pony ganz genau, was er wollte. Beim Spazierengehen war Teddy dem Jungen schon ein paar mal weggelaufen, aber er tat das nie aus böser Absicht. Er hatte immer einen Grund, den Shito auch meist verstand. AuĂerdem konnte man das Shettlandpony super mit Möhren bestechen.
Shito war dreizehn Jahre alt und ein besonders tierlieber, fĂŒrsorglicher Junge. Er hatte dunkle Haut, schwarze lockige Haare und eine KörpergröĂe von 1,80 m. Heute trug er eine schwarze Jogginghose und ein weites, graues Shirt. In seiner alten Bauchtasche hatte der Teenager immer Leckerlis und MöhrenstĂŒcke fĂŒr Teddy dabei.
Shito streifte seinem Pflegepony nun sein braunes, mit Glitzersteinchen verziertes Halfter ĂŒber und befestigte den Strick daran. Er fĂŒhrte ihn aus dem Ofenstall. AnschlieĂend band Shito ihn am Putzplatz an. Er hatte es schon wieder bitter nötig, geputzt zu werden, denn Shito und seine Mutter waren die Einzigen, die das taten. Beim Anblick Teddys glanzlosen Fells zog sich Shitos Magen zusammenâŠ
Nachdem sie ihn eineinhalb Stunden geputzt hatten und und ihre Arme schmerzten, beschlossen sie, langsam zum Ende zu kommen.
Auf dem Trainingsplatz angekommen fragte Shito nach einer kurzen AufwĂ€rmphase die bereits erlernten Lektionen ab. Bereitwillig ging das Pony zum Beispiel rĂŒckwĂ€rts, blieb dann stehen und kreuzte als nĂ€chstes auf Shitos Kommando die Vorderbeine.,, Prima, Teddyââ, lobte Shito. Danach nahm er Teddy das Halfter ab und schickte das Shettlandpony durch seine Körpersprache nach auĂen an den Zaun des Trainingsplatzes..,, Teeeerab!ââ, forderte Shito ihn zum Antraben auf.
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,, Fein hast du das heute gemacht!ââ Shito strich Teddy sanft ĂŒber den NasenrĂŒcken. Das Pony schnaubte leise in den Moment als sein Freund ihn fragte:,, Magst du mir einen Kuss geben?ââ, und sich vor ihn hinkniete. Teddy stubste Shito mit seinen warmen NĂŒstern an dessen Nase an und schaute ihn durch seine schwarzen, klaren Augen freundlich an. Shito vergrub sein Gesicht im wohlriechenden Fell des Shettlandponys und murmelte:,, Ich habâ dich lieb.ââ
Nachdem Teddy von Shito gefĂŒttert und zurĂŒck in den Offenstall gebracht wurde, verlieĂ der Junge den Stall.
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Shito lag mit Fieber und Gliederschmerzen im Bett. Er wusste nicht, welche Krankheit er hatte und woher, aber er wusste, dass er krank war. Plötzlich erhielt er einen Anruf seiner Mutter, die gerade auf Arbeit war.,, Ja, Mama?ââ Shitos Mutter fragte:,, Wie geht es dir, mein Kind?ââ,, Nicht so gut, aber ist okayâŠââ,, Ich habe eine Nachricht von Teddy Besitzerin bekommen. Ich lese mal vorââ, sagte die Mutter in einem etwas aufgeregten Ton.,, Ja!ââ Shito runzelte die Stirn.,, Guten Morgen. Ich wollte Bescheid geben, dass Shito nicht mehr zu Teddy kommen braucht. Ich werde ihn ab jetzt alleine versorgen. VG Jenniferââ, las seine Mutter vor. Schon nachdem sie den ersten Satz vorgelesen hatte, hatte Shito angefangen laut aufzuschluchzen. Er konnte den inneren Schmerz kaum verkraften.,, Mein Schatz, bitte hör auf zu weinenââ, sprach Shitos Mutter einfĂŒhlsam in den Hörer.,, Wie kann man so herzlos sein!ââ, schluchzte Shito. Er konnte und wollte nicht aufhören zu heulen, auch wenn sich sein Kopf anfĂŒhlte, als wĂŒrde er bald platzen. Seine Mutter erzĂ€hlte, dass sie es ja auch nicht in Ordnung fĂ€nde und dass sie mit Jennifer nichts mehr zu tun haben wolle, doch Shito hörte ihr gar nicht zu. Sein Kissen war schon ganz durchnĂ€sst und langsam kostete es ihn zu viel Kraft, zu heulen. Nach ein paar Minuten des gut Zuredens verabschiedete er sich von seiner Mutter. Eine weitere TrĂ€ne kullerte an der Seite von Shitos Gesicht herunter. Shito war mit seinen KrĂ€ften am Ende, weshalb er wenig spĂ€ter, zutiefst verletzt, einschlief.
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Shito dachte mal wieder an Teddy. Sein Herz schmerzte immer noch beim Gedanken daran, wie Jennifer ihm durch die Blume den weiteren Umgang mit Teddy verboten hatte.,, Lebt er ĂŒberhaupt noch?ââ, fragte der Junge sich. Inzwischen waren knapp drei Jahre vergangen, seit er den Wallach das letzte Mal gesehen hatte und Shito war mittlerweile schon 16 Jahre alt. Fest entschlossen sagte er sich:,, Ich werde dich suchen, Teddy!ââ Shito sprang vom Strohballen auf und ging zurĂŒck zu seinen Freunden in die Stallgasse. Der Junge hatte vor gut einem Monat einen alten Hof mit einer Scheune, die momentan zu einem Stall mit gerĂ€umigen Paddockboxen umgebaut wurde, einer Scheune zur Lagerung von Heu, Stroh und GerĂ€tschaften, zwei Weiden, einem Trainingsviereck, einem Roundpen und einem Acker erworben. DafĂŒr hatte er extra im Vorfeld die Webseitenbetreuung fĂŒr das lokale Tierheim ĂŒbernommen, um sich das Geld zu verdienen. AuĂerdem wurde eine Spendenaktion zum Ermöglichen der GrĂŒndung des geplanten Pferdeschutz- und Gnadenhofs gestartet. Zusammen mit zwei engagierten TierschĂŒtzern hatte Shito dann den lĂ€ndlich gelegenen Hof gekauft. Nun herrschte dort reges Treiben, denn es mussten viel renoviert und vorbereitet werden. Die Weiden waren schon fertig, auch den Zaun hatte man aufbereitet. Im Moment wurden parallel die Lagerscheune und die Sallungen umgebaut. Heute halfen Shitos Freunde und seine Cousine Shizuka mit.
Als es spĂ€ter anfing zu dĂ€mmern, machten sich alle langsam auf den RĂŒckweg. GlĂŒcklich winkte Shito ihnen nach.,, Dankeschön!ââ, rief er noch. Er war zufrieden. Heute hatten er und seine Freunde viel geschafft. Shito konnte immer noch kaum glauben, dass sein Traum irgendwann Tieren in Not zu helfen, wahr wĂŒrde. Denn er hatte immer mit ansehen mĂŒssen, wie viele andere Menschen ihre Tiere schlecht behandelten, doch hatte niemand auf den Jungen gehört, wenn er ihren Umgang mit den Tieren kretisiert hatte.Genauso war es bei Teddy gewesen. Shito fasste jetzt einen Entschluss.,, Morgen werde ich dich suchen, Teddy. Wenn du noch lebst, wirst du bald mein Pony sein. DafĂŒr werde ich alles tun.ââ
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Eine Woche spĂ€ter, am Montagmorgen, war Shito mit seinem Onkel und seinem Vater in der Stallgasse am WĂ€ndestreichen, als Shizuka aufgeregt herbeigerannt kam.,, Was machst du denn hier, Shizu?ââ, fragte Shito, erfreut seine Cousine zu sehen.,, Ich habâ tolle Neuigkeiten, Shito!ââ Ihr Cousin hob die Augenbrauen. Shizuka berichtete:,, Ich habe spaĂeshalber beim Reitverein nachgefragt, ob deine zwei Lieblingsstuten zum Verkauf stehen.ââ,, Oh!ââ, stieĂ Shito aus.,, Und eine davon kann sowieso nicht mehr fĂŒr den Schulbetrieb genutzt werden. FĂŒr 3000 ⏠wĂŒrden sie Flocke verkaufen.ââ,, Danke, Shizu. Aber wie soll ich auf ein Mal 3000 ⏠aus dem Ărmel schĂŒtteln?ââ Shizu ĂŒberlegte kurz und erwiderte danach:,, Ich kann 1000 beisteuern.ââ Shizuka war schon ĂŒber 30 und hatte eine eigene Anwaltskanzlei. Sie verdiente gutes Geld, trotzdem fand ihr Cousin das zu viel verlangt.,, Machen wir es doch so: Du beteiligst dich mit einem Drittel des Gesamtpreises und sollte ich das Geld irgendwann haben, um es dir zurĂŒckzahlen, werde ich das tunââ, bot er ihr an. Shizuka nickte und die beiden fielen sich in die Arme.,, Du bist echt ne tolle Cousine, dankeschön.ââ
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,, Flocke!ââ, japste Shito, als er die HĂ€ngertĂŒr öffnete und die Stute losband.,, Hab ich dich vermisst.ââ Flocke scharrte ungeduldig mit dem Huf, wĂ€hrend Shito ihr ĂŒberâs ganze Gesicht strahlend ĂŒber den Hals strich. AnschlieĂend fĂŒhrte er das etwa 1,45 m groĂe Haflingerpony rĂŒckwĂ€rts vom HĂ€nger. ZunĂ€chst ging er mit Flocke in den Rundpen, einen abgezĂ€unten Zirkel zur Bodenarbeit, wo er den Strick vom Halfter löste. Er hielt ihr die Hand hin, welche sie neugierig beschnĂŒffelte. Flocke stubste Shitos Arm an und wiehrte fröhlich.,, Ja, erkennst du mich noch?ââ Wie zur BestĂ€tigung trabte das Pony wild um ihn herum und kam dann wieder zum Stehen. Aufmunternd gab sie dem Jungen einen Stubser am Arm.,, Mein Traum wird wahrâŠââ, murmelte dieser gerĂŒhrt und umarmte Flocke. Es bedeutete Shito viel, sie als sein erstes Pferd auf seinem Hof aufnehmen zu können. Durch die UnterstĂŒtzung seiner GroĂeltern, die von Shizuka und mit eigenen Ersparnissen hatte Shito den Kaufpreis finanzieren können. Er war Flocke frĂŒher geritten, doch auch der Umgang mit ihr war miserabel gewesen. So hatte Shitos Reitlehrerin ihn beispielsweise dazu aufgefordert, Gewalt gegen die Haflingerstute einzusetzen. Er hatte sich immer gewĂŒnscht, ihr helfen zu können.
AnschlieĂend brachte er sie in eine helle Paddockbox und legte der Stute Hafer und frisches Heu hinein.
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Am nĂ€chsten Tag wurde ein weiteres Pferd gebracht: Teddy. Shito war sehr aufgeregt, angesichts der Tatsache, dass er Teddy seit drei Jahren nun das erste Mal wieder sehen wĂŒrde. In dem Moment, in dem er darĂŒber nachdachte, ob Teddy sich wohl stark verĂ€ndert hatte, rollte ein blaues Auto mit AnhĂ€nger auf den Hof und hielt dierekt vor dem Jungen. Shito öffnete blitzschnell den HĂ€nger, ging sofort zu Teddy und umarmte ihn fest. Das Shettlandpony erkannte ihn tatsĂ€chlich! Teddy knabberte an seinem Shirt und schnaubte freudig. Als Krönung dieser wundervollen Begegnung ging Shito mit Teddy kurz spazieren. Dabei fiel dem Jungen auf, dass Teddy einen sehr aufgedunsenen Bauch hatte. Das tat ihm leid, aber er war zuversichtlich, das mit dem richtigen Futter und genug Bewegung und Therapie in den Griff zu kriegen. Beim Spaziergang war Teddy sichtlich aufgeregt. Er schaute sich hĂ€ufig um, blĂ€hte die NĂŒstern weit auf und trug den Hals steif in der Luft.Deswegen ging Shito auch nur etwa fĂŒnf Minuten einmal um den Hof und fĂŒhrte den Wallach dann in die Box neben Flocke, wo auch auf Teddy Heu, Hafer und genug Wasser warteten. Nachdem er davon etwas genommen hatte, ging er hinaus, auf den abgezĂ€unten Bereich vor der Box und beschnupperte Flocke, die sich ebenfalls auf ihrem Paddock befand. Beide spitzten freundlich die Ohren. Sie schienen sich ganz gut zu verstehen, was Shito sehr glĂŒcklich machte. Er lehnte sich an den Zaun und dachte:,, Wie toll, dass das alles so gut klappt. Gott, ich danke dir.ââ
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In den nĂ€chste Wochen kamen noch zwei weitere Stuten auf den Hof, die Shito im Gegensatz zu Teddy und Flocke noch nicht kannte. RegelmĂ€Ăig wurden TierĂ€rzte, Osteopathen und Tierphysiotherapeuten bestellt um die vier Tiere zu behandeln. Mittlerweile standen sie immer zusammen auf der Weide und grasten friedlich. Nicht selten spielten sie auch Fangen miteinander und Shito belustigte sich beim Anblick der sich jagenden Pferde. Shito arbeitete tĂ€glich mit jedem von ihnen. Mit Teddy machte er alles Mögliche, was sie auch frĂŒher trainiert hatte. Flocke musste den Sattelzwang loswerden und machte groĂe Fortschritte im Freispringen. Blueheart, eine der beiden fremden Stuten, war komplett menschenscheu, doch sie fasste langsam Vertrauen zu Shito. Seit Neuestem lies sie sich von dem Jungen anfassen und kam zu ihm, wenn er die Pferde auf der Weide besuchen kam. Shito ging davon aus, dass sie frĂŒher misshandelt worden war. Gwen, die Schimmelstute, war auf einem Auge blind und wollte niemanden auf ihre rechte Seite lassen. Mit ihr hatte Shito noch groĂe Schwierigkeiten.
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Auch im darauffolgenden Monat machte er mit allen Vieren groĂe Fortschritte. Shito hatte Teddy noch ein paar Lektionen wie das Verbeugen beigebracht, was dem Shettlanddpony scheinbar groĂen SpaĂ machte. Mit Flocke hatte der Junge einen besseren Gang im Galopp erarbeiten können und durch Physiotherapie die Verspannungen im RĂŒcken lösen können. Mit ihr ritt er auch regelmĂ€Ăig ohne Sattel und Trense. Shito war ein Fan vom,, freien Reitenââ ohne die herkömmlichen Hifsmittel. Er war gerne eins mit dem Pferd, was er gerade ritt. AuĂerdem hatte der Teenager Gwen dazu gebracht, ihm zu vertrauen, sodass sie sich, zwar nur sehr schwer, aber dennoch von rechts fĂŒhren und vorsichtig putzen lies. Blueheart lies sich schon von Shito und auch von Shizuka streicheln und man konnt eihr das Halfter anlegen. Jedoch nur auf der Weide, weshalb er mit ihr noch keine Lektionen hatte erlernen können oder auf dem Trainingsplatz gewesen war. Ăber diese Vortschritte freute sich Shito jedesmal wenn er bei seinen Pferdefreunden am Stall war! Es machte ihn glĂŒcklich, zu sehen, dass seine BemĂŒhungen etwas brachten.
Zudem bat Shito zusammen mit den TierschĂŒztern FĂŒhrungen auf dem Hof, unter anderem fĂŒr Schulklassen an, mit denen er sich etwas dazuverdiente.
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Es war still. Teddy lag in seiner Box im Stroh, sein Kopf lag auf Shitos Beinen. Nun war es schon rund zwei Monate her, dass Flocke und Teddy auf Shitos gekommen waren. Teddy und der Junge hatten GroĂes erreichen können. So hatte Shito ihm das Kutsche Ziehen beigebracht und die beiden Freunde hatten viel SpaĂ gehabt, doch seit ein paar Stunden ging es Teddy sehr schlecht. Seit heute Morgen war Teddy nicht aufgestanden. Der Tierarzt war auch schon da gewesen, aber er hatte nichts feststellen können. Es stehe schlecht um den nun schon recht alten Wallach, hatte der Doktor gesagt. Doch das wollte Shito nicht wirklich wahr haben. Also versuchte er regelmĂ€Ăig, Teddy zum Aufstehen zu bewegen. Er gab seinem Pony genug zu trinken, doch Teddy war zu schwach, um sich aufzurappeln. Gegen 6 Uhr abends verstand Shito dann, dass er seinen Pferdefreund in Ruhe lassen musste. Er legte sich neben Teddy ins Stroh und schmuste mit ihm. Dabei dachte er, darĂŒber nach wie sich sein Hof entwickelt hatte. âIch hab schon viel geschafft mit euch VierenâŠ.â murmelte er. Teddy öffnete seine schwarzen Augen und schaute Shito treu an. Shito konnte in ihnen sein Spiegelbild erkennen. Er wuschelte den Wallach durch seinen dichten Schopf. Das Shettlandpony schloss die Augen wieder und atmete tief ein. Ein letztes mal. Shito kullerte eine TrĂ€ne ĂŒber die Wange und tropfte direkt auf die Stirn des Ponys. âTeddyâ, flĂŒsterte er. In dem Moment wusste Shito, dass die letzten Monate mit Teddy die wertvollsten seines Lebens gewesen waren, weil die beiden sie zusammen verbracht hatten. In Frieden.
WortklÀrungen (alphabetisch geordnet):
aufgedunsen = aufgeblÀht
Bodenarbeit = Arbeiten vom Boden aus (Gegenteil von reiten)
Flocke= weiĂer Fleck auf der Stirn
Freispringen = man lĂ€sst das Pferd frei ĂŒber Hindernisse springen
gescheckt = Fell gefleckt
Gnadenhof = Hof, auf dem Pferde leben, die sonst z.B. geschlachtet wĂŒrden
Haflinger = Rasse
Halfter und Strick = Zaumzeug zum FĂŒhren und Anbinden
Offenstall = Haltungsform, bei der Pferde immer drauĂen sind und einen offenen Unterstand haben
Paddock = kleiner abgezÀunter Bereich (meist Sandboden)
Paddockbox = Box mit offen fĂŒr das Tier zugĂ€nglichen Paddock
Roundpen = abgezÀunter, runder Trainingsplatz zur Bodenarbeit (Durchmesser ca. 15 m)
Sattelzwang = panische Angst vor dem Sattel, Trauma mit Schmerzen vom Sattel verbunden
Schimmel= Rasse
Schopf = MÀhnenhaare, die auf der Stirn hÀngen
Shetty/ Shettlandpony = Pferderasse
Stute = weibliches Pferd
Traben = Gangart
Trense = Zaumzeug zum Reiten aus Leder
NĂŒstern =,, Naseââ vom Pferd
Wallach = kastriertes mÀnnliches Pferd
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