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Creepypasta - Aneinander gebunden

Es gibt eindeutig zu wenig Geschichten mit Puppeteer, obwohl er doch an sich eine interessante Creepypasta ist. Das werden wir hier mal schnell ändern.

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    Es war mitten in der Nacht, als mich ein greller Blitz und lautes Donnern weckte. Ich hasste es, wenn ich durch Gewitter aufwachte. Das einzig Gute daran war der Regen, der gerade gegen meine Scheibe prasselte.
    Eigentlich wollte ich mich wieder schlafen legen, aber etwas hinderte mich daran. Ich fühlte mich beobachtet. Sofort machte ich eine Lampe an.
    Mir fiel nichts Auffälliges oder Ungewöhnliches auf. Bis mein Blick an einem Teil des Zimmers hängen blieb, wo das Licht nicht genügte, um die Schatten zu vertreiben.
    Dort schwebte im Dunkeln ein goldenes... Lächeln?
    Ich rieb mir die Augen. Vielleicht war es nur eine Einbildung. Aber es war noch immer da.
    Da es mir zu gruselig wurde, löschte ich das Licht, zog wie ein kleines Kind die Decke über den Kopf und hoffte, dass es nur eine Einbildung war.

    Am nächsten Morgen fand ich neben meinem Bett einen abgerissenen Zettel.

    Ich freue mich auf ein Wiedersehen,
    meine Knospe.
    Das goldene Lächeln

    Verängstigt lies ich die Nachricht fallen. Als sie auf dem Boden landete, hörte ich einen dumpfen Knall.
    Ich sprang aus dem Bett und rannte ins Wohnzimmer.
    Niemand außer mir war daheim. Meine Eltern waren über die Ferien verreist und einen Babysitter brauchte ich schon lange nicht mehr.
    Zuerst fand ich nichts, doch später sah ich, was da den Lärm verursacht hatte. Besser gesagt: Wer.
    Ein Junge in meinem Alter, mit einer grauen Mütze.
    „Wer bist du und was hast du hier zu suchen?“, fragte ich schreiend.
    Er drehte sich ganz zu mir. Als ich sein Gesicht sah, stockte mir der Atem.
    Seine Haut war grau, seine Augen und sein Lächeln glänzten golden.
    Das „Wer“ hatte sich geklärt.
    „Verzeih mir, falls ich dich geweckt haben sollte, meine Knospe.“
    Seine Stimme war tief und rau, aber sie hatte auch einen freundlichen Ton.
    Ohne das ich es gemerkt habe, stand er nun direkt vor mir.
    Die Nähe war mir unangenehm. Deswegen stieß ich ihn von mir weg.
    „Ich bin nicht deine Knospe! Ich heiße _____. Und wer bist du überhaupt?“
    „Man nennt mich Puppeteer.“ Er war nicht sonderlich erfreut darüber, dass ich grob zu ihm war.
    „Sag mir... Fühlst du dich einsam?“
    Was sollte diese Frage? War das ein Anmachspruch?
    Wenn ja, dann ein sehr schlechter.
    „Nein. Wieso sollte ich auch?“
    „Weil du hier immer alleine bist “, antwortete Puppeteer oder wie auch immer er sich nannte.
    „Hast du keine Freunde?“, fuhr er fort und setzte sich auf mein Sofa.
    „Ich habe sehr wohl Freunde. Nur leider wohnen sie im anderen Teil des Landes. Aber was geht dich das an? Und zieh gefälligst deine Schuhe aus! Du bist hier nicht bei dir zu Hause!“, keifte ich ihn an.
    Genervt seufzte er auf. Dann hob er seine Hand und goldene Fäden entsprangen seinen Fingern. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr bewegen.
    „Entspann dich lieber, meine Knospe. Wir sind unter uns und sollten die Zeit nutzen.“
    Auf einmal reagierte mein Körper auf seine Handbewegung. Unfreiwillig setzte ich mich neben ihn.
    „Was lässt dich glauben, dass sie deine Freunde sind? Wie naiv bist du eigentlich?“
    „Ich hör wohl nicht recht!“
    Dieser Kerl hatte vielleicht Nerven.
    Eigentlich hätte ich entsetzt oder ängstlich sein sollen. Puppeteer hatte immerhin meinen Körper mit seinen Fäden unter Kontrolle. Er hätte sonst was tun können.
    Aber anscheinend wollte er nur reden:
    „Freunde hat man um sich. Sie sind nicht verstreut. Oder bildest du sie dir nur ein?“
    „Du hast doch keine Ahnung!“
    Tränen rollten meine Wangen herab.
    Das schockierte ihn anscheinend und entfernte seine Fäden. Ich nutzte das aus, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
    „Verschwinde von hier!“
    Ich wand meinen Blick von ihm ab. Ich wollte ihn nicht mehr sehen. Und keine Sekunde später war er auch verschwunden. Als wäre er nie da gewesen. Jedoch hing ein Geruch von Holz in der Luft.
    Hatte ich ihn mir nur eingebildet?
    Ich ging zurück in mein Zimmer mich umziehen. Auf dem Boden lag noch immer der Zettel.
    Zögerlich nahm ich ihn, warf ihn aber gleich in den Müll.
    Er sollte sich ruhig noch einmal hierher trauen. Nur dann würde ich ihm die Meinung geigen.

    Den Tag über habe ich über Puppeteer's Worte nachgedacht. Das „Wieso“ war mir unklar.
    Er ist bei mir eingebrochen, um mich mit dummen Fragen zu nerven.
    Aber seine Augen... Ihr Schein war an sich recht schön und er eigentlich auch... Trotzdem war er unverschämt.
    Meine Freunde... nur eingebildet...
    Wir hatten zusammen eine tolle Zeit. Aber wie es manchmal so ist: Einige mussten wegen der Familie umziehen. Andere wegen der Arbeit, dem Studium oder der Ausbildung.
    Wir konnten daran nichts ändern.
    Selbst wenn wir es wollten. Wenn man in dieser Welt überleben will, muss man bestimmte Wege einschlagen. Auch wenn es bedeutet, seine Freunde vorübergehend zu verlassen.
    Außerdem war es nicht so schlimm. Wozu gibt es Mails, Telefon und die Post? Die Entfernung war für uns nur ein kleines Problem. Und besuchen konnten wir uns auch ab und zu.
    Sofort schüttelte ich meinen Kopf, damit dieser Gedanke endlich verschwand. Nur weil wir zurzeit getrennt sind. Er hatte eindeutig keine Ahnung.
    „Ich sollte mich lieber um den Haushalt kümmern...“
    Irgendetwas musste ich ja tun.

    Wieder einmal bin ich mitten in der Nacht wach geworden. Aber nicht wegen einem Gewitter. Das wäre nur zu schön gewesen. Doch leider hatte mich Puppeteer erneut besucht und er war bei bester Laune.
    Wiedersehen macht bekanntlich ja Freude. In meinem Fall aber nicht. Das zeigte ich ihm auch:
    „Es gehört sich nicht nachts in das Zimmer einer jungen Frau zu schleichen, Puppeteer.“
    „Kein freundliches Hallo? Das ist aber nicht die feine Art, meine Knospe.“
    „Ich hab es dir gesagt, dass ich nicht deine Knospe bin. Ich habe einen Namen.“
    „Aber _____, wenn du doch wie eine zarte Knospe im Frühling bist.“
    „Trotzdem gehöre ich nicht dir.“
    „Das lässt sich leicht ändern.“
    Und wieder packte er mich mit seinen Fäden. Das Licht des Mondes fiel ins Zimmer und lies sie schimmern.
    Wenn sie nicht um meine Gliedmaßen gewickelt gewesen wären, hätte ich es sicherlich bewundern können.
    Ich versuchte mich zu wehren, aber seine Stränge waren zu stabil. Mein Körper gehörte nicht mehr mir, sondern diente ihm als Marionette.
    Er stellte mich direkt vor sich und lies seine Augen über meinen Körper schweifen. Dabei wurden meine Wangen ganz warm.
    „Was willst du eigentlich von mir?“
    „Ganz einfach. Dich.“
    Ich konnte fühlen wie mein Gesicht rot anlief.
    „Warum?“, fragte ich, um Zeit zu schinden.
    Er seufzte auf und sah in meine Augen.
    „Ich will dich als neue Puppe. Du bist allein. Folglich-“
    „Zum letzten Mal: Ich. Bin. Nicht. Allein!“, unterbrach ich ihn. „Begreife es endlich!“
    Erstaunt musterte er mich und löste die Fäden. Ich sank erleichtert zu Boden.
    „Nur weil sie nicht hier sind, heißt es noch lange nicht, dass ich einsam bin “, fuhr ich fort.
    „Aber-“
    „So ist das mit Freundschaften nun mal.“ Ich wurde etwas ruhiger. „Auch wenn sie nicht an meiner Seite sind, weiß ich trotzdem, dass sie immer für mich da sind. Hast du etwa keine Freunde?“
    Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt erwischt.
    Ohne Vorwarnung packte er mich am Hals. Seine Augen wirkten wie lodernde Flammen und sein goldenes Lächeln wich einer entsetzlichen Grimasse.
    „Sei still, _____! Du bist diejenige, die keine Ahnung hat!“
    Endlich nannte er mich beim Namen. Trotzdem konnte ich mich nicht darüber freuen, da er mir die Luft abschnürte.
    Vergeblich schnappte ich nach Luft.
    Ich kratzte an seinen Armen, aber der Stoff seiner Klamotten war zu dicht. Es blieb mir nur das Hoffen auf Sauerstoff übrig.
    Puppeteer lies mich plötzlich los. Jedoch waren seine Augen unverändert und er redete weiter:
    „Irgendwann, _____, ...“ Er pausierte kurz. „Wenn du meine Puppe bist. Dann wirst du begreifen.“
    Und mit diesen Worten verschwand er spurlos.
    Dieser Kerl machte mich wahnsinnig.

    Die nächsten Tage und Nächte hatte ich meine Ruhe. Dennoch erwartete ich Puppeteer jedes Mal. Ich konnte es mir nicht erklären. Vielleicht hatte er sich jemand anderen gesucht, den er terrorisieren konnte.
    Aber das komische daran war, dass ich wollte, dass er zu mir kam. Ich wollte, dass er mich mit Fragen nervte.
    Ich hatte in letzter Zeit wohl einfach zu wenig Kontakt mit Personen, die auch in meiner Nähe waren. Man konnte so was nicht ersetzen.
    Und er wusste das ganz genau. Wahrscheinlich mied er mich deswegen.
    Oder weil ihn meine Sturheit irritierte.
    Er zeigte sich einfach nicht mehr.
    Als ich mit einem alten Freund per Telefon darüber redete, ohne dabei die Sache mit den Fäden und dem Bedrohen zu erwähnen, riet er mir einiges:
    „Sperr erst mal alle Türen und Fenster. Und leg dein Handy bereit, falls er noch mal auftauchen sollte. Du darfst das nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
    „Danke. Und du brauchst dir vorerst keine Sorgen zu machen. Schließlich bin ich alt genug, um auf mich selber aufzupassen.“
    „Wir reden hier über einen Kerl, der nicht ganz dicht ist.“
    „Und du redest mit einer, der das langsam egal ist.“
    Darüber mussten wir beide lachen.
    Ich dachte danach auch nur noch selten an Puppeteer.
    Warum auch? Er lies sich ja nicht mehr blicken.
    Doch leider kommt unverhofft öfter als man denkt.

    Ich wachte auf. Einfach so. Kein Albtraum noch lautes Geräusch hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Dunkelheit war alles, was ich sehen konnte. Aber ich fühlte, dass ich woanders und nicht allein war.
    Plötzlich packte mich etwas an den Schultern und zog mich zu sich.
    Ich wurde mit einem Paar glühender Augen konfrontiert.
    „Schön dich wiederzusehen, meine Knospe. Hast du mich vermisst?“
    Ich wollte antworten, aber alles, was ich tun konnte, war starren.
    Doch anscheinend verlor er schnell das Interesse und lies mich los.
    „Was soll das, Puppeteer?“, fragte ich mit heiser Stimme.
    „Nun...“, begann er. „Ich mache dich zu einer meiner Puppen. Wie ich es versprochen habe.“
    Kaum hatte er seinen Satz beendet, schlangen sich auch schon die Goldfäden um meine Gliedmaße.
    Diesmal meinte er es ernst.
    Die Fäden schnürten mir das Blut ab, meine Arme wurden taub und als ein Faden sich um meinen Hals wickelte, begann ich in Panik zu verfallen.
    Langsam und qualvoll zog er zu. Meine Lungen schrien nach Luft. Tränen der Verzweiflung bahnten sich ihren Weg.
    Und trotz dieser Schmerzen. Ich konnte nicht anders als zu lächeln. Vor mir sah ich meine Freunde und der Schmerz verblasste nach einiger Zeit.
    Plötzlich knallte ich auf den Boden und jappste nach Luft.
    Wieso war ich noch am Leben?
    Puppeteer starrte mich mit brennenden Augen an. Wut war das einzige, was ich erkennen konnte.
    „Warum lächelst du! Du bist allein und verlassen! Wieso freust du dich dann!“, schrie er mich an.
    „Weil ich meine Freunde gesehen habe. Sie verlassen mich niemals.“
    Entsetzt stolperte er zurück.
    Mein eiserner Wille war zu viel für ihn. Er litt anscheinend einen Nervenzusammenbruch.
    „Das ist unmöglich! Man ist immer einsam! Ständig verlassen einen die Menschen in ihrem Egoismus! Aber warum...? Warum...?“
    Seine Stimme zitterte.
    Puppeteer sackte in sich zusammen und er vergrub sein Gesicht in den Händen.
    Obwohl ich kurz davor war zu sterben, blieb ich ruhig und sah zu wie sich dieser Puppenspieler der Verzweiflung hingab. Mitleid kam in mir auf. Aber warum?
    Er hatte mich entführt, meine Freunde als Lüge bezeichnet, mich zweimal beinahe erwürgt und trotzdem...
    Trotzdem fühlte ich seinen Schmerz.
    Auch ich zweifelte einst an Freundschaften.
    Es dauerte zwar eine Weile bis ich wieder Menschen vertrauen konnte, aber auch nur, weil ein Junge so stur war und mich ständig aufbaute.
    Und jetzt brauchte Puppeteer mich.
    „Wahrscheinlich werde ich es später bereuen...“, flüsterte ich leise zu mir.
    Ich ging nur zögernd zu ihm. Er schluchzte noch immer.
    Und ich nahm ihn in meine Arme. Sofort klammerte er sich an mich. Anscheinend brauchte er die ganze Zeit über nur eines und es blieb ihm bis jetzt immer verwehrt.
    Nur schüchtern konnte ich ihn fragen:
    „Du wolltest lediglich einen Freund. Stimmt's, Puppeteer?“
    Das Schluchzen hörte auf und er sah mich mit seinen nun blassen, gelben Augen an. Ihr Glanz und Funkeln waren Traurigkeit gewichen.
    „Woher willst du das wissen, _____?“
    Seine Stimme war nur noch rau.
    „Weil ich selber vor Jahren einsam war und alles, was ich wollte, war ein Freund.“
    Ein kurzes Lachen war von ihm zu hören und er löste die Umarmung. Er wuschelte mir durch die Haare und seine Augen fingen langsam an wieder zu funkeln.
    „Dann hatte ich zum Teil Recht, meine Knospe.“
    „Scheint so, du Puppenspieler.“
    Er drückte mich fest an sich.
    Wahrscheinlich werde ich irgendwann zurückblicken und mich fragen, warum wir uns begegnet sind. Aber das interessierte mich jetzt nicht.

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