Wer war die Katze? Um ehrlich zu sein: Ich hatte nicht einmal die Spur einer Ahnung. Ok. Was wusste ich?
- Ziemlich verkrüppelt
- Ein Auge
- RabenClan
- Anführer (lebendig oder tot?)
- Hässliches Fell
- Ein Bruder
...Kükenstern! Innerlich zitterte ich vor Ehrfurcht, während ich mir noch einmal durch den Kopf gehen ließ, was diese Katze alles durchmachen hatte müssen. Niemals würde ich wieder eine Person mit Anführer-Posten unterschätzen!
"Kükenstern.", erwiderte ich mit gesträubtem Schweif und versuchte die Last des Todesurteils zu verdrängen. "Sie ist die Anführerin des RabenClans. Wie viele Leben hat sie noch?"
Century antwortete: "Only one."
Ekel nickte bedächtig und wischte die trüben Gedanken dann einfach mit einem Wisch seines Schweifes weg. "Nicht so traurig. Immerhin gibt es etwas zu feiern! Ein weiteres Opfer darf sterben!"
Ein gehässiges Grinsen stahl sich auf seine hässlichen, schleimigen Lippen. "Freust du dich etwa nicht?"
"Geht."
Ich erwachte, als ein gellender Schrei das Lager erschütterte. Sämtliche Katzen, Krieger, Königinnen, egal wer, waren auf den Pfoten und streckten ihre Köpfe mit weit aufgerissenen Augen aus den Nestern. Auch ich versuchte in der Dunkelheit auszumachen, woher das Geräusch gekommen war, aber meine Gedanken wirbelten immer noch zu sehr um den Traum, als dass ich mich jetzt hätte konzentrieren können. Ein Blick zum Mond verriet mir, dass es kurz vor
Mitternacht sein musste. Mein Blut gefror.
Without Erlaubnis jumpte ich aus dem Nest und schnüffelte in der Luft. Es roch nach Blut.
Auch Wurzelstern trat aus seinem Blättervorhang und ließ seine Augen wachsam über die Lichtung gleiten. "Was geht hier vor?"
"Es stinkt nach Blut!", schrie eine panische Älteste mit nur einem halben Schweif und trotz ihres Alters seidigem, grauem Fell.
"Ruhig, Flutschweif. Es ist alles gut." Eine andere Kätzin mit ebenfalls silbernem Pelz drückte sich an ihre Mutter und strich ihr beruhigend über den Rücken.
"Woher kommt das?", wollte Pestfluch wissen, welcher sich in der Mitte der Lichtung aufgebaut hatte und strafend jeden fixierte, der es wagte, sich seinem Blick zu stellen. Erneut schrie jemand und alle wirbelten zur Heilerstube herum.
Meerschweinchenblut.
Ich sprintete durch das weiche Gras und kam keuchend wieder vor den zwei Nestern stehen.
Um sich vor Meerschweinchenbluts Geschnarche zu schützen, hatte sich Blauglanz büschelweise Klee in die Ohren gestopft; die hörte garantiert gar nichts mehr.
Meerschweinchenblut dagegen war wach und starrte entsetzt auf die Blutlache, die sich um ihre Hinterbeine bildete.
Energisch rüttelte ich die alte Heilerin mit verdutztem Blick wach und riss ihr die Pflanzenstücke aus den Ohren. "Meerschweinchenblut!", heulte ich. "Etwas stimmt nicht!"
Sofort war sie auf den Beinen, drückte mir einen Mohnsamen auf die Kralle und zog Meerschweinchenbluts Beine auseinander, während die schwangere Kätzin gequält jaulte.
Ich legte ihr den Mohnsamen vor die Schnauze und mit einem dankbarem Blick voller Tränen leckte sie ihn auf.
"Du hast recht. Etwas muss mit der Geburt schiefgegangen sein. Die Jungen sollten jeden Moment kommen, aber ich verstehe nicht, weshalb sie jetzt schon blutet."
Eine gewaltige Pranke segelte durch die Luft und traf mich direkt am Hintergrund.
Vor Schock und Schmerz schreiend brach ich zusammen und bot meinem Angreifer im Überraschungsmoment unvorsichtigerweise den Bauch dar, um einen Blick auf ihn zu erhaschen.
Pestfluch stand über mich gebeugt und brannte sein Gift mit grünen Augen in die meinen. Panisch versuchte ich mich seinem Griff zu entwenden, doch ich war zu müde und steif für einen Kampf.
Zu meiner Überraschung schritt Blauglanz ein und fuhr dem verwirrtem Pestfluch mit den Krallen kräftig über die Nase.
"Sag mal, bist du mäusehirnig?", fauchte sie. "Trouble ist die einzige andere Katze im Clan mit ein wenig Heilerwissen. Oder willst DU etwas Hebamme spielen?"
"Sie hat das Nest verlassen.", grummelte er und warf mir einen weiteren bitterbösen Blick zu.
Blauglanz blaffte nur: "Geh weg!" und das Ungetüm verzog sich.
Durch die Blätter hindurch konnte ich eine beunruhigte Menge an Katzen erkennen, zu denen gerade Molchschatten sprach. Irgendetwas über 'nur eine Sklavin, die zu weich ist, um Junge zu gebären' und 'Libellen generell schmerzempfindlich'. Ich hätte kotzen können. Stattdessen ging ich Blauglanz zur Pfote und gab alles. Doch die Blutung hörte nicht auf.
Wir kämpften die ganze Nacht und Wurzelstern ordnete sogar eine Jagdpatroullie an, damit die Heiler während ihrer Arbeit angemessen versorgt wurden. Dass einmal Nadelsprung und dann auch die graue Wächterin von letzter Nacht da waren, bekam ich noch mit, doch dann wurde mir der Ernst der Angelegenheit klar und ich musste schwer schlucken. Das Leben meiner Freundin lag nur noch in den Pfoten des SternenClans und ein bisschen in denen einer alten, verschlafenen Heilerin und mir. Das machte mir Angst.
Plötzlich setzte sich Blauglanz und legte ihren Schweif respektvoll und ordentlich um die Pfoten. Ich ahnte das Schlimmste.
"Es ist so weit?"
Sie nickte. "Ich lasse dir noch einen letzten Moment mit ihr."
In diesem Moment liebte ich sie für ihren Anstand und hatte wohl ein wertvolles Band der Freundschaft geknüpft, wo doch das zu Meerschweinchenblut zu zerreißen drohte.
Mit tränenverschleierten Augen blickte sie zu mir hoch, während ihre Atmung sich immer mehr verkrampfte. Ich sollte ihre letzten Worte niemals wieder vergessen.
"Wildherz." Sie hatte mich bei meinem richtigen Namen genannt. "Ich sehe den SternenClan. Wer ist diese graue Katze?"
"Das ist Rauchvogel. Du brauchst dich nicht zu fürchten, denn sie wird gut auf dich aufpassen."
Auf einmal riss sie die Augen weit auf und schrie: "Ich sterbe! Bitte, Wildherz, lass mich nicht gehen! Halt mich fest! BITTE!"
Ich flüsterte: "Tut mir leid. Es geht nicht." Nur mit Mühe konnte ich einem Zusammenbruch entkommen.
Dann wurde sie wieder ruhiger und miaute: "Lass meine Jungen nie alleine, hörst du? Ich habe nur diese letzte Bitte. Hasse mich, verachte mich, lüge über mich, wenn ich fort bin, aber sei meinen Jungen eine Mutter wie ich für sie gewesen wäre, ja? Du...du bist meine letzte Hoffnung. Die Füchse dürfen sie nicht versklaven, hörst du? Lass die Füchse sie nicht holen!"
"Ich verspreche es."
"Gut...tut sterben weh?" Ganz fest drückte ich meine Wange an die ihre und nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. "Ich hätte dir eine bessere Freundin sein sollen! Wie viele Stunden habe ich dich mit dem Wissen von deinen Jungen alleine gelassen? Sag es mir, ich werde für jede einzelne bereuen!"
Leise winselnd fuhr sie mir mit dem Schweif über die Flanke und vergrub ihren Kopf in meinen Vorderpfoten.
"Es tut so weh.", schluchzte sie. "Lass meine Junge nicht gehen..."
"Niemals." Und ich meinte es auch so.
"Meerschweinchenblut, wie soll ich sie nennen?", fragte ich nach einer Weile und lauschte nach einer Antwort. "Meerschweinchenblut?" Sie war fort.
Mit einem Herzen, schwer wie Blei, schnitt ich meiner Freundin den Bauch auf und es waren drei sich windende, blutige Fellbündel, die mir entgegenfielen. Das viele Blut ließ mich ihre Farbe nicht erkennen, aber das war mir egal.
Denn das war der Augenblick, in dem ich begonnen hatte, diese drei kleinen wundervollen Lebeweisen zu lieben, wie es selbst Meerschweinchenblut nicht besser gekonnt hätte.
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