„Oh Gott...“, brummte ich und fasste mir an den schmerzenden Schädel. Er fühlte sich an, als hätte mich ein Pferd getreten. Oder, als hätte ich eine Flasche Bacardi in einem Zug geleert und wäre danach schlafen gegangen. Nein, eigentlich eher ersteres. Allerdings könnte man das Pferd durch eine Abrissbirne ersetzen. Ich startete einen Versuch mich aufzusetzen, ließ es dann jedoch bleiben. Da kam mir der kalte Steinboden auf dem ich lag wesentlich bequemer vor. Moment
Steinboden? Wieso lag ich auf Steinboden? Ich riss die Augen auf, doch nichts veränderte sich. Es war stockfinster und mit stockfinster meinte ich wirklich rabenschwarz. Kein bisschen Licht erhellte den Ort an dem ich mich befand. Wie konnte das sein? Ich meine, egal wo man war, ein wenig Licht war überall. Oh nein, jetzt wurde ich auch noch poetisch.
Nun setzte ich mich doch auf. Hätte ich etwas gesehen, würde sich nun wahrscheinlich alles drehen. Auf jeden Fall fühlte sich mein Kopf so an. Starke Übelkeit überkam mich und ich schaffte es bloß mit größter Willenskraft, mich nicht augenblicklich zu übergeben. Vorsichtig tastete ich den Boden um mich herum ab. Nichts. Er fühlte sich glatt und kühl an. Frustriert vergrub ich das Gesicht in den Händen und versuchte mich zu erinnern, was als letztes passiert war. Ich erinnerte mich, dass mein Bruder während einem Kampf entführt und gefangen gehalten worden war. Ich hatte ein 'Gespräch' mit seinem Entführer und war mit ihm zu der Einigung gekommen, dass er mich im Austausch für meinen Bruder haben könnte. Dann war ich am vereinbarten Treffpunkt erschienen, hatte meinen Bruder wohlbehalten vorgefunden und mich anschließend zum See begeben. Dort hatte der blonde Mann mich bereits erwartet und
nichts und. Das war das Letzte woran ich mich erinnern konnte. Danach wurde alles schwarz. Dieser hinterhältige Sack musste mich irgendwie ausgeknockt haben! Plötzlich wurde ich richtig wütend. Das war nicht der Deal gewesen!
„Wo steckst du, du Feigling? Was spielst du hier für ein krankes Spiel?“, schrie ich in die Dunkelheit. Meine Stimme klang kräftig. Der totale Gegensatz zu meinem aktuellen Befinden.
„Ich bin doch hier.“, flüsterte ohne Vorwarnung eine tiefe Stimme direkt hinter mir. Mir entfuhr ein spitzer Schrei, den ich sogleich bereute. Ein trockenes Lachen ertönte, dieses Mal unmittelbar vor mir. Verdammt, könnte ich doch bloß etwas sehen. Mir blieb jedoch nichts anderes übrig als mitzuspielen. Wohl oder übel musste ich zugeben, dass ich die Zügel nicht in der Hand hielt, sondern der Unbekannte. Um mich zu beruhigen atmete ich mehrmals tief durch. Als ich meine Stimme wieder im Griff hatte, knurrte ich: „Wo bin ich?“
„An einem sicheren Ort.“, lautete die knappe Antwort.
„Wie ist dein Name?“, versuchte ich es weiter.
„Das ist nicht wichtig.“, wurde ich abgewiesen.
„Oh, komm schon! Wenigstens dein Vorname.“, stöhnte ich genervt.
„Jonathan.“ Mir fiel die Kinnlade herab. Ich wusste, dass Jace mit Vornamen Jonathan hieß. Das hier konnte aber unmöglich Jace sein! Ach Quatsch, er war es zu hundert Prozent nicht. Ich hatte Jonathan doch vorher gesehen. Er sah ganz anders als Jace aus.
„Warum wolltest du mich?“ Diese Frage schwirrte mir schon die ganze Zeit im Kopf herum.
„Wer würde dich nicht wollen, Catherina?“, hauchte Jonathan mir ins Ohr und ich zuckte erneut zusammen. Menschenskinder, wie konnte er sich bloß so leise bewegen? Jetzt wo ich nichts sehen konnte, sollte ich doch zumindest ein doppelt so gutes Gehör haben. Trotzdem bekam ich von seinen Worten eine Gänsehaut. Ich erinnerte mich noch sehr gut daran, dass er nicht gerade schlecht aussah leider.
„Und wie geht es jetzt weiter? Du kannst mich doch nicht ewig in diesem Raum sofern es denn einer ist festhalten.“, brummte ich und starrte in die Dunkelheit. Ich hatte den Versuch ihn zu lokalisieren längst aufgegeben.
„Ich könnte schon, aber ich will es nicht. Catherina, ich will dich, weil du unglaublich mächtig bist. Du bist eine der besten Schattenjägerinnen. Der einzige, der dir das Wasser reichen kann, ist Jace Wayland.“
„Und warum willst du mich und nicht ihn?“, fauchte ich.
„Bei Jace gibt es einen Grund, weshalb er so gut ist. Deine Kraft ist mir allerdings rätselhaft.“
„Ach und was für ein Grund ist das?“
„Du bist ganz schön neugierig, weißt du das?“, kicherte Jonathan. Allerdings klang er nicht amüsiert, sondern irgendwie emotionslos.
„Ja, das weiß ich. Und würdest du mich kennen wüsstest du, dass ich nicht Ruhe gebe, bis ich eine Antwort bekomme.“
„Und was ist, wenn ich dir nicht antworten und das Geheimnis verraten will?“ Ich blieb ihm eine Antwort schuldig. Wie gesagt, ich hatte keine Kontrolle über die derzeitige Situation. „Lässt du mich irgendwann hier raus?“, fragte ich schließlich leise.
„Willst du hier raus?“, antwortete er mit einer Gegenfrage.
„Ja.“
„Dann wirst du das auch. Aber Catherina, du musst eins verstehen. Du kämpfst nicht mehr mit Jace, Alec und den anderen! Von jetzt an, kämpfst du mit mir. Ich kann dir Dinge zeigen, von denen du nicht zu träumen wagst. Ich werde dich Sachen lehren, die dich niemand anderes lehren kann. Bist du meine Gefangene? - Ja. Finde ich das gut? - Nein. Gibt es Regeln? - Ja. Ich möchte nicht, dass du meine Gefangene bist. Ich will, dass du mit mir arbeitest, weil das dein Wille ist. Vielleicht kommen wir irgendwann an diesem Punkt an, aber bis dahin werde ich dir nicht über den Weg trauen. Es gibt zwei Regeln. Die erste: Du tust was ich dir sage. Die zweite: Du fällst mir nicht in den Rücken und nimmst keinen Kontakt zu deinen Schattenjägerfreunden auf. Wenn du diese Regeln einhältst wirst du sehen, dass es dir hier nicht schlecht gehen muss. Wenn du mir versprichst dich an sie zu halten, lasse ich dich hier heraus.“ Ich brauchte eine Weile um über seine Worte nachzudenken. War ich wirklich bereit mit ihm zu kooperieren? Würde ich diese Regeln einhalten können? Wollen tat ich es jedenfalls nicht. 'Bis dahin werde ich dir nicht über den Weg trauen', waren seine Worte gewesen. Vielleicht hatte ich eine Chance zu entkommen, wenn ich ihn dazu brachte mir zu vertrauen. Mir war klar, dass es ziemlich unecht aussehen würde, würde ich ihm augenblicklich zu Füßen liegen und alles machen was er wollte. Nein, ich musste geringen Widerstand leisten. Ich musste ihn Glauben machen, dass ich mit der Zeit meine Lage nicht mehr schlimm fand. Das hörte sich leicht an, würde es jedoch ganz und gar nicht werden. Dessen war ich mir sicher. Aber ich musste es versuchen, wollte ich nicht in diesem dunklen Verlies verrotten. In der Zwischenzeit konnte ich bloß hoffen, dass Isabelle, mein Bruder und die anderen Schattenjäger mich finden und retten würden.
„Ich verspreche es.“, besiegelte ich mein Schicksal mit krächzender Stimme.
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